Evidenzbasierung der Sozialpolitik: Empirische Fallstricke und Wirkungsanalysen
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- Elisabeth Baumhauer
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1 Evidenzbasierung der Szialplitik: Empirische Fallstricke und Wirkungsanalysen Denkblckaden in der Szialplitik? Diagnse, Analyse und Therapiemöglichkeiten Hchschule München Fakultät für angewandte Szialwissenschaften 1./2. Dezember 2016 Prf. Dr. Frank Wießner
2 Begriffsbestimmung: (Staatliche) Szialplitik Trtz zahlreicher Versuche, den Bereich der Szialplitik zu definieren, ist dieser Begriff bis heute umstritten geblieben. Das wird (...) vermutlich auch s bleiben. (Althammer/Lampert (2014): Lehrbuch der Szialplitik, S.3) Knsens:! Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen und szialen Situatin gesellschaftlich Benachteiligter und Bedürftiger (wie immer dieser Gruppen definiert sind)! Szialplitik ist damit ein integrales Element für die Stabilisierung der Gesellschaftsrdnung swie der szialen Khäsin! Bereiche (unvllständig: Arbeitnehmerschutz, Arbeitsmarktplitik, AN- Mitbestimmung, System der szialen Sicherung, Grundsicherung, Familienplitik, Vermögensplitik und viele weitere Maßnahmen des szialen Ausgleichs bzw. der Umverteilung)!! Die Hetergenität macht den Untersuchungsgenstand nicht einfacher!
3 Begriffsbestimmung: Evidenzbasierung! In der Szialplitik etwa seit dem Millennium etabliert zuvr wissenschaftliche Praxisbegleitung, Wirkungsfrschung, Evaluatin In den Naturwissenschaften (v.a. Medizin) seit den frühen Neunziger Jahren Ignaz Semmelweis verwendet den Begriff bereits in der ersten Hälfte des 19. Jh. Und wird dafür vn der Fachwelt verlacht!! Hans Albert setzt sich für die die Einheit der Methde in Natur- und Szialwissenschaften ein ( Marktszilgie und Entscheidungslgik, 1967)! Plädyer für die Aufhebung der überlieferten Fachgrenzen zwischen Öknmie, Szilgie, den Rechts- und übrigen Szialwissenschaften (weiters Sziale Arbeit und Plitikwissenschaften)
4 Prbleme! Multi-/Interdisziplinarität: Wer bzw. welche Disziplin ist eigentlich für die wissenschaftliche Plitikberatung und begleitung zuständig?! Evidenz-Paradxn : Gerade die Evidenzbasierung in der Szialplitik ist empirisch nicht überzeugend nachweisbar! Oft eher Indizien (Indikatren?) anstatt Beweise!! Vrläufige Lösung: ein dialektischer Annäherungsversuch empirische Prüfung vn Hypthesen Eliminierung unhaltbarer Elemente (hffentlich) Erkenntnisgewinn
5 Entwicklung der Wirkungsfrschung Naive Phase : Mittelabfluss = Erflg (bis Mitte/Ende der Neunziger Jahre) Die Zahl der Teilnehmer an einem Förderprgramm, d.h. die Nachfrage bzw. Reichweite wird naiv als Erflgsgröße verwendet. Man beziffert, wie vielen Menschen mit der Interventin Gutes getan wurde, hne Rücksicht auf Bedürftigkeit, Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit der gar Effektivität bzw. Effizienz Aufgeklärte Phase : Insbes. Öknmetriker erringen mit (vermeintlich?) exakten naturwissenschaftlichen Methden mehr und mehr die Lufthheit bei der Evaluatin szialplitischer Maßnahmen; echte Experimente, Quasi-Experimente, Kntrllgruppenbildung durch Matching-Verfahren Pstmderne Phase : Mdelle werden immer kmplexer und kmplizierter, für Außenstehende immer schwerer nachvllziehbar, die Befunde immer schwerer interpretierbar, praktische (Plitik-)Implikatinen immer schwerer ableitbar
6 Denkblckaden und Fallstricke Die Plitik ist schuld Die Wissenschaft ist schuld Oder können beide Seiten wmöglich gar nicht anders handeln?
7 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (1)! Viele Disziplinen (zu) wenig Interdisziplinarität! Generell: Lernresistenz / Beharrungstendenz vn (Teil-)Systemen (vgl. Bsp. Gesundheitswesen) Wir nch verstärkt, wenn die verschiedenen invlvierten Disziplinen zu wenig interagieren/kperieren Prblem: Wir sprechen unterschiedliche Fach- Sprachen Öknmie Szilgie Plitikwissenschaft Recht Sziale Arbeit Weitere Disziplinen
8 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (2)! Wir welches Fach auch immer vertreten keine nrmativen Disziplinen! Dilemma 1: Die Sziale Wirklichkeit ist kmplex, Frschung kann ft keine eindeutigen Aussagen liefern die Plitik muss am Ende aber eine klare Entscheidung treffen, z.b. Festlegung bestimmter Adressaten der Zielgruppen einer Interventin Dilemma 2: Wer sagt der Gesellschaft, wie sie sein sll? Sllte sich die Frschung als dch (ein wenig) nrmativ verhalten der Entscheidungen (kmplett) der (vielleicht weniger infrmierten der interessengetriebenen) Plitik überlassen? Sllte Wissenschaft wenigstens den Diskurs begleiten/mderieren, wie die Gesellschaft sein möchte?
9 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (3)! Evidenzbasierung Utpie der nur ein schöner Traum? Sllte Plitik pst-idelgisch, wissens- bzw. evidenzbasiert und damit reaktiv agieren, anstatt idelgisch-praktiv? Prblem 1: Wher kmmen dann überhaupt Zielsetzungen? Prblem 2: (therie-/idelgiefreier) Empirismus? Prblem 3: Wer sagt, dass die Technkraten (Empiriker) Recht haben? Deutungshheit über die empirischen Befunde?
10 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (4)! Plitik und wissenschaftliche Beratung / Begleitung kppeln sich mehr und mehr vneinander ab Prfessinalisierung /Emanzipatin der Plicy Maker bzw. der Administratin " inhaltliches/methdisches Knw-Hw Viele unserer Abslventen arbeiten heute in Ministerien und Behörden
11 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (5)! Plitikberatung erflgt mehr und mehr durch (grße) Unternehmensberatungen Kritik des Bundesrechnungshfes sehr grßer Einfluss einiger weniger grßer Beratungsunternehmen Offenbar leisten die Unternehmensberater eine prfessinellere Kmmunikatin als Wissenschaftler Zusätzliche Knkurrenz in der Plitikberatung durch Verbände und Lbbyisten (z.t. über eigene der nahestehende Frschungseinrichtungen) Selbst die Fünf Wirtschaftsweisen (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) finden regelmäßig keine Beachtung!
12 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (6)! Der Wissenschaft fehlen die Ppstars Es wird vielleicht mit Absicht zu wenig Öffentlichkeit hergestellt Auf öffentlichen Bühnen drücken wir uns ft zu kmpliziert aus Zugleich: Banalisierung der Wissenschaft durch Wissenschafts-Stars ( Edutainment ) gleichfalls unerwünscht! Wissenschaft ist (zu) selten am Agenda Setting beteiligt, besetzt (zu) selten aktiv (Zukunfts-)Themen
13 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (7)! Ansprechpartner der Frscher sind meist keine Entscheider Ansprechpartner auf der Arbeitsebene, z.b. im Ministerium, sind meist nicht die plitischen Entscheider diese bekmmen die Infrmatinen meist erst aus zweiter Hand
14 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (8)! Evaluitis und Wirkungsanalysen als Feigenblatt Plitik will sich durch Begleitfrschung absichern und akademischen Ritterschlag abhlen Beispiel Hartz-Evaluatin: Exrbitante Ausschreibung! Flge: Exrbitante Berichterstattung (z.b. Abschlussbericht Mdul 1e: 289 Seiten, fünf Anhänge mit insges Seiten!) Gleichwhl trifft die Plitik ihre Entscheidungen autnm Wissenschaftliche Analysen werden auf Beiwerk der Alibi-Funktin reduziert
15 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (9)! Plitik handelt praktisch immer unter Zeitdruck Beispiel Weißbuch Arbeiten 4.0 (Arbeiten in der digitalen Ära) knkretisiert am ): Ministerin Nahles plädiert für eine Piltphase Oppsitin: Akuter Handlungsbedarf, keine Zeit für Experimente Bundestagswahl Herbst 2017: Kmmt nch schnell ein Gesetz? Wissenschaft, die zu lange braucht (siehe Hartz-Evaluatin)
16 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (10)! Wissenschaft braucht Zeit! Maßnahmeeffekte können stets erst nach der Interventin ermittelt werden Effekte und Evidenzen sind instabil, vlatil, zeitvariant Time-lag vn Wirkungen Lck-in Effekte Effekte und Evidenzen sind instabil, vlatil, zeitvariant Effekte verblassen mit der Zeit, Kausalitäten werden immer unklarer
17 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (11)! Evidenzbasierung unklare Zielgrößen! Oft Beschränkung auf wenige der gar eine einzige(!) vermeintliche klare Zielgrößen Beispiel: Arbeitsmarktintegratin sinnvller Indikatr? Aber: Bei schwieriger Klientel bekanntermaßen wenig Erflg! Nch schwieriger/kmplexer z.b. bei Weiterbildungsmaßnahmen Deshalb: Breiteres Spektrum an Zielsetzungen, Scial Return Einfache Evaluatin mit klaren(?) Indikatren zur Zielerreichung der impact chains kmmen mehr und mehr aus der Mde Wie kmplex muss slide Evidenzbasierung ausfallen?
18 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (12)! Wissenschaft ist schwierig und deshalb schwer verständlich! Insbesndere die heute etablierten Mdelle sind z.t. hchkmplex! Zu deren Kmmunikatin ist eine Übersetzungsleistung erfrderlich Umgekehrt erscheinen manche Mdelle fast banal der die getrffenen Annahmen als (zu) vereinfachend Aber: Selten Mn-Kausalität, ft Kausalität unklar! (meist überschaubare Varianzaufklärung)
19 Denkblckaden und Fallstricke einige Thesen (13)! Prmtinsdruck in den Wissenschaften Wissenschaftliche Begleitung der Evaluatin meist kein Selbstzweck Wissenschaftlicher Nachwuchs muss prmvieren Aber: mit einfachen, verständlichen (ft ausreichenden) Methden kmmt man in der Science Cmmunity kaum vran Flge: Bevrzugt englischsprachige Publikatinen, möglichst kmplexer Mdelle für die Praxis schwer verständlich! Druck des Mainstream : Umfrmung vn Disziplinen in Universitäten (Leibfried) Frage: W ist meine wissenschaftliche Heimat, w will ich meine Frschung psitinieren/publizieren, wem will ich damit gefallen?
20 Kurzer Ausblick: Was ist zu tun? Auflösung vn Denkblckaden durch...!... aktive Einmischung in die Szialplitik! Szialplitik als Disziplin erhalten!... aktives Agenda Setting ( vm Gejagten zum Jäger werden )!... auch allgemeinverständliche Statements ( Umsetzungsmedien, ppulärwissenschaftliche Beiträge)!... wissenschaftlichen Nachwuchs zweigleisig aufstellen!... den gesamten Plicy-Zyklus aktiv begleiten nicht nur am Ende evaluieren!... gesellschaftlichen Mehrwert schaffen gegen Passivierung, Indifferenz, Apathie angehen!... einfach nch besser frschen!
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