Deutscher Bundestag Drucksache 16/4703 16. Wahlperiode 16. 03. 2007 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Stadler, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Drucksache 16/4480 Beamtinnen und Beamte des Bundes mit Migrationshintergrund Vorbemerkung der Fragesteller AufderEbenederBundesländerwerdenseitlangemAnstrengungenunternommen,dieZahlderMigrantinnenundMigranteninderöffentlichenVerwaltungzuerhöhen.NichtzuletztinAnbetrachtdeswachsendenAnteilsvonMenschenmitMigrationshintergrundanderGesamtbevölkerungsowiedesdemografischenWandelsmiteinerimmerälterundimmergeringerwerdendeneinheimischenBevölkerungstelltsichauchaufderEbenedesBundesdieFrage nachdergewinnungvonbewerberinnenundbewerbernmitmigrationshintergrund für eine Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung. 2. Wie haben sich diese Zahlen in den letzten zehn Jahren entwickelt? 3.WiestelltsichdieBewerbungslagedar,undwiehatsichdieseindenletzten zehn Jahren entwickelt? 1.WiehochsindderAnteilunddieabsoluteZahlvonBeamtinnenundBeamtenmitMigrationshintergrundinderBundesverwaltung,aufgegliedertnach Laufbahngruppen,Verwaltungsbereichen,GeschlechtundHauptherkunftsstaaten? 4.WiestellensichdiejeweiligenZahlenundderenEntwicklungimTarifbereich der Bundesverwaltung dar? StatistischeAngabenzuPersonenmitMigrationshintergrundlieferterstmalsder Mikrozensus2005desStatistischenBundesamtes,derdenAnteilderPersonen mitmigrationshintergrundandergesamtbevölkerunguntersucht.rückschlüsse aufbeschäftigungsverhältnisseinderbundesverwaltunglassensichhieraus nicht ziehen. DieAntwortwurdenamensderBundesregierungmitSchreibendesBundesministeriumsdesInnernvom14.März2007übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.
Drucksache 16/4703 2 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode AuchdieBundesverwaltungselbsterhebtkeineStatistikenüberdieAnzahlder BewerberinnenundBewerberbzw.derBeamtinnenundBeamtenundderTarifbeschäftigten mit Migrationshintergrund. BeiAuswahl-undEinstellungsverfahreninderBundesverwaltungwerdennur diefürdiefeststellungdergefordertenschulischenbzw.beruflichenqualifikationenunddiebegründungdesdienst-bzw.beschäftigungsverhältnisseserforderlichendatenerhoben.merkmale,diealsauswahlkriteriumnichtherangezogenoderalseinstellungsvoraussetzungnichtgefordertwerdendürfen,werden nichtabgefragt.daherwerdennebenderstaatsangehörigkeitkeinemerkmale erfasst,vondenenaufeinenmigrationshintergrundgeschlossenwerdenkann (z.b.früherestaatsangehörigkeit,staatsangehörigkeitdereltern,sprachein der Familie). 5.WiebeurteiltdieBundesregierungdieAuswirkungendesdemografischen WandelsaufdieMöglichkeitzurGewinnungqualifiziertenNachwuchses für den öffentlichen Dienst? UnterZugrundelegungvonPrognosen,nachdenendieBewerberzahlenimZuge desdemografischenwandelszurückgehenwerden,wirdderöffentlichedienst vordieherausforderunggestelltsein,seinekonkurrenzfähigkeitmitdergewerblichenwirtschaftumqualifiziertennachwuchszuerhalten.diesbedeutet, dassderöffentlichediensteinstellungs-undbeschäftigungsbedingungenanbietenmuss,dieihnfürallequalifiziertenbewerberinnenundbewerber unabhängig von einem vorhandenen Migrationshintergrund attraktiv machen. DieBundesregierungwirddiesenHerausforderungenimRahmenderanstehendenNovellierungdesDienstrechtesdesBundesRechnungtragen.Sosollen z.b.diebildungsvoraussetzungenentsprechenddembologna-prozessgeändert werden,d.h.bachelor-undmasterabschlüssesollenalszugangsvoraussetzungenanerkanntwerden.hierdurchwirdderzugangvonbewerberinnenundbewerbern mit Abschlüssen aus anderen Staaten faktisch erleichtert. 6.WasunternimmtdieBundesregierung,umdenAnteilderBeamtinnenund Beamten mit Migrationshintergrund zu steigern? DiePersonalauswahlvonBeamtinnenundBeamtenderBundesverwaltungwird ausschließlichaufdergrundlagevoneignung,befähigungundfachlicherleistungohnerücksichtaufgeschlecht,abstammung,rasse,glauben,religiöse oderpolitischeanschauungen,herkunftoderbeziehungenvorgenommen (Artikel33Abs.2GG, 8BBG).EinmigrationspolitischerAnsatzhatdieszubeachten.Entscheidendistvielmehr,dieAusgangssituationfürMenschenmitMigrationshintergrundimHinblickaufdiegefordertenschulischenbzw.beruflichenQualifikationenzuverbessernunddamitihreChancenzuerhöhen,sichin den jeweiligen Auswahlverfahren durchsetzen zu können. DieBundesregierunghatimRahmendesIntegrationsgipfelsimJuli2006den KampfumeinebessereAusbildungundgegendieArbeitslosigkeitderin DeutschlandlebendenAusländerinnenundAusländeralseinenSchwerpunkt derintegrationsbemühungenhervorgehoben.imnachgangzumintegrationsgipfelsindarbeitsgruppeneingerichtetworden,diedenauftraghaben,inallen integrationsrelevantenbereichenmaßnahmenzurverbesserungderindeutschlandlebendenzuwanderinnenundzuwandererauszuarbeiten.einearbeitsgruppebefasstsichmitdenthemen Bildung,Ausbildung,Arbeitsmarkt.Ziel istes,diegrundqualifikationvonmigrantenkindernzuverbessern,wobeidie schulischebildungindieausschließlichekompetenzderländerfällt.die
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3 Drucksache 16/4703 ErgebnissesollenineinemNationalenIntegrationsplanimJuli2007derÖffentlichkeit durch die Bundeskanzlerin präsentiert werden. Wichtigistauch,dassInformationenüberBeschäftigungsmöglichkeitenunddie dafürerforderlichenqualifikationenzurverfügunggestelltwerden.umfassendeinformationenüberdiebeschäftigungsmöglichkeiten,konkreteangebote imöffentlichendienstsowieweitergehendeinformationensindiminternet abrufbar ( Jobbörse unterhttp://www.bund.deundunterdemlinkhttp:// ec.europa.eu/youreuropeauchzumöffentlichendienstindeutschland).über eine-mail-abobestehtzudemdiemöglichkeit,stetsdieaktuellenstellenangebotepere-mailzuerhalten.danebeninformiertdiebundesregierungim RahmenderÖffentlichkeitsarbeitu.aauchaufFachmessenüberdieBeschäftigungsangebote in der Bundesverwaltung. 7.WaswareninderVergangenheitdieHaupthindernisseimZusammenhang mitdergewinnungvonbeamtinnenundbeamtenmitmigrationshintergrund? VerwertbareErkenntnisseüberBewerbungenvonPersonenmitMigrationshintergrundfüreineBeschäftigungalsBundesbeamtinoderBundesbeamterliegen ausdeninderantwortzudenfragen1bis4genanntengründennichtvor.die GewinnungvonBeamtinnenundBeamtenmitMigrationshintergrundistjedoch primärkeinefragedergesetzlichenvoraussetzungenfürdieberufunginein Bundesbeamtenverhältnis.AuchfürNicht-EU-StaatsangehörigeistdieBerufungineinBundesbeamtenverhältnisnichtausgeschlossen;hierzuwirdaufdie AntwortzuFrage9verwiesen.Ausschlaggebendsinddievorhandenenschulischenbzw.beruflichenQualifikationen.IndenAuswahlverfahrenwerdenallen BewerberinnenundBewerberndiegleichenChanceneingeräumt.Hierbeihaben geringqualifiziertebewerberinnenundbewerberregelmäßigschlechtereerfolgsaussichten;diesgiltgleichermaßenfürmenschenmitundohnemigrationshintergrund. 8.InwelchenBereichenkönntenachAnsichtderBundesregierungdemEinsatzvonBeamtinnenundBeamtenmitMigrationshintergrundbesondere Bedeutungzukommen,undwiebegründetdieBundesregierungihrediesbezügliche Auffassung? NationaleIdentitätbzw.einMigrationshintergrundsindpersekeinKriterium fürdieübertragungvondienstposten.dieverwendungderbeamtinnenund BeamtenderBundesverwaltungerfolgtnachMaßgabederzubesetzendenPlanstellenentsprechendderEignung,BefähigungundfachlichenLeistungderBediensteten.DabeikannsicheinMigrationshintergrundz.B.aufgrundvon SprachkenntnissenundinterkulturellenKompetenzenpositivauswirkenundfür dieaufgabenwahrnehmungbesonderebedeutungentfalten.angesichtsdes großenspektrumsderwahrzunehmendenaufgabeninderbundesverwaltung kannaberpauschalkeinembereicheinebesonderebedeutungimhinblickauf deneinsatzvonbeamtinnenundbeamtenmitmigrationshintergrundzu-oder abgesprochen werden. 9.UnterwelchenVoraussetzungenistesrechtlichmöglich,Bewerberinnen undbewerberohnedeutschestaatsangehörigkeitindiebundesverwaltung aufzunehmen? StaatsangehörigeeinesanderenMitgliedstaatesderEuropäischenUnionsind hinsichtlichderberufungindasbeamtenverhältnisdeutschenstaatsangehöri-
Drucksache 16/4703 4 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode gengleichgestellt ( 7Abs.1BBG).AbweichendvondieserGrundregeldürfen ausschließlichdeutscheineinbeamtenverhältnisberufenwerden,wennesum diewahrnehmungsolcheröffentlichenaufgabengeht,diewegenihressachlichengehaltsvondeutschenwahrgenommenwerdenmüssen ( 7Abs.2BBG i.v.m.artikel39abs.4eg-vertrag).dabeimussimeinzelfall,d.h.inbezug aufdiejeweiligefunktion,dieentscheidunggetroffenwerden,obdiewahrnehmungdurcheigenestaatsangehörigenotwendigist.bundundländerhaben sichaufempfehlungenverständigt,dieeineberufungvoneu-staatsangehörigenbisweitindiebereichehineinzulassen,dienachderrechtsprechungdeseuropäischengerichtshofesdeutschenvorbehaltenwerdenkönnten. Nicht-EU-StaatsangehörigekönnenalsBeamtinnenoderBeamteberufenwerden,wennhierfüreindringendesdienstlichesBedürfnisbesteht ( 7Abs.3 BBG). DasTarifrechtdesöffentlichenDienstesunterscheidetnichtzwischendeutschen undausländischenstaatsangehörigen;tarifrechtlichebeschränkungenfürbewerberinnenundbewerberohnedeutschestaatsangehörigkeitsindnichtvorhanden.diesgiltinsbesondereauchfürdenzugangzumöffentlichendienstdes Bundes.FürArbeitnehmerinnenundArbeitnehmergibteskeineEinstellungsvoraussetzungen,dieandieStaatsangehörigkeitanknüpfen,sodassderZugang zueinemarbeitsverhältnisinderbundesverwaltungjedergeeignetenbewerberinundjedemgeeignetenbewerberoffensteht.unabhängigdavongeltendieallgemeinenaufenthaltsrechtlichenvoraussetzungen,wiedasvorliegeneinerarbeitserlaubnis bei Nicht-EU-Bürgerinnen und Nicht-EU-Bürgern. 10.HältdieBundesregierungdiesfürausreichend,wennja,warum,wenn nein,warumnicht,undwaswirdsieunternehmen,umweiteremöglichkeitenfüreineaufnahmevonbewerberinnenundbewerbernohnedeutsche Staatsangehörigkeit in die Bundesverwaltung zu schaffen? DieinderAntwortzuFrage9dargestelltenrechtlichenMöglichkeitenfüreine BeschäftigungvonBewerberinnenundBewerbernohnedeutscheStaatsangehörigkeitinderBundesverwaltungsindausreichend.DieEinstellungvonBewerberinnenundBewerbernindieBundesverwaltungistnichtprimäreineFrage dernationalitätsondernderqualifikation.nurübereineverbesserungder schulischenundberuflichenqualifikationenkönnenbewerberinnenundbewerbernohnedeutschestaatsangehörigkeitrealechancenfüreinebeschäftigung in der Bundesverwaltung eröffnet werden. 11.WelcheErfahrungengibtesindenBundesländernundinEU-Staatenmit derbeschäftigungvonbeamtinnenundbeamtenmitmigrationshintergrund? ImLandBerlinwerdenPolizeivollzugsbeamtinnenundPolizeivollzugsbeamte mit häufigtürkischem Migrationshintergrundeingesetzt.ÄhnlicheProjekte wirdesauchinanderenbundesländerngeben.einesystematischeauswertung überentsprechendeerfahrungenderbundesländerstehtjedochnichtzurverfügung. EinschlägigeErfahrungenmitderBeschäftigungöffentlichBedienstetermit MigrationshintergrundindenEU-Staatenwurdennochnichtumfassenddokumentiert.IneinigenStaatenwiez.B.inDänemarkundSchwedenwirdversucht, gezielteschulungsmaßnahmenindieberufstätigkeitzuintegrieren.indenniederlandenwirduntersucht,welchegründedazuführten,dasseingestelltebedienstete mit Migrationshintergrund den öffentlichen Dienst wieder verließen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 5 Drucksache 16/4703 EinErfahrungsaustauschmitdenEU-StaatenzudieserThematikwirdimJuni 2007imRahmenderKonferenzderfürdenöffentlichenDienstzuständigenMinister stattfinden. 12.BeabsichtigtdieBundesregierung,einKonzeptzurGewinnungvonBewerberinnenundBewerbernmitMigrationshintergrundzuerarbeiten, wenn ja, wann, bzw. wenn nein, warum nicht? 13.BeabsichtigtdieBundesregierung,hierbeiggf.mitMigrantenorganisationenzusammenzuarbeiten? EingesondertesKonzeptzurGewinnungvonBewerberinnenundBewerbern mitmigrationshintergrundwäreaufgrundderdargestelltengesamtsituationzumindestgegenwärtignichtweiterführend.umverstärktpersonenmitmigrationshintergrundfüreinebeschäftigunginderbundesverwaltungzugewinnen, mussbeiderverbesserungihrerausgangssituationangesetztwerden;insoweit wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 14.WelcheAuswirkungenhaben 25desStaatsangehörigkeitsgesetzessowie dieentscheidungdesbundesverfassungsgerichtsvom8.dezember2006 zurverfassungsmäßigkeitdesverlustsderdeutschenstaatsangehörigkeit imfalledeserwerbseinerausländischenstaatsangehörigkeitaufden FortbestanddesBeamtenverhältnissesdesvomVerlustderdeutschen Staatsangehörigkeit Betroffenen? 15.SiehtdieBundesregierunginsoweitgesetzgeberischenodersonstigen Handlungsbedarf? DerVerlustderdeutschenStaatsangehörigkeiteinerBeamtinodereinesBeamtenführtbeiNicht-EU-StaatsangehörigenzurNichtigkeitderErnennung,essei denn,dasszumzeitpunktderernennungeineausnahmewegenvorliegenseines dringendendienstlichenbedürfnissesfürdiegewinnungderbeamtinoderdes Beamtenzugelassenwar ( 11Abs.2Nr.1BBG).ImFalleeinerNichtigkeitder ErnennungwegenirrtümlicherDeutschenbehandlungbestehtdieMöglichkeit einerneubegründungdesbeamtenverhältnissesimwegeeinerausnahmenach 7 Abs. 3 BBG. ImZugederNeuordnungdesDienstrechtesdesBundeswirdzzt.geprüft,obdie NotwendigkeiteinerRechtsänderungimHinblickaufdieAnzahlmöglicher Fällebesteht.AngestrebtwirdindiesemZusammenhangeinebundeseinheitlicheRegelung.HierzuwirdmitdenBundesländerneinErfahrungs-undMeinungsaustausch stattfinden.
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