Entschließungsantrag. Deutscher Bundestag Drucksache 16/2605
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1 Deutscher Bundestag Drucksache 16/ Wahlperiode Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Heidrun Bluhm, Eva Bulling- Schröter, Dr. Martina Bunge, Roland Claus, Sevim Dagdelen, Dr. Diether Dehm, Werner Dreibus, Dr. Dagmar Enkelmann, Klaus Ernst, Diana Golze, Heike Hänsel, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Cornelia Hirsch, Inge Höger-Neuling, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Hakki Keskin, Katja Kipping, Jan Korte, Katrin Kunert, Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch, Ulrich Maurer, Dorothee Menzner, Kornelia Möller, Kersten Naumann, Wolfgang Neskovic, Dr. Norman Paech, Petra Pau, Bodo Ramelow, Elke Reinke, Paul Schäfer (Köln), Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Herbert Schui, Dr. Ilja Seifert, Dr. Petra Sitte, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE. zu der ersten Beratung des Antrags der Bundesregierung Drucksache 16/2572 Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 11. August 2006 Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: 1.Seitdem14.August2006schweigendieWaffenimKriegzwischenIsrael unddenhisbollah-milizenimlibanon.dieserwaffenstillstandistbrüchig. ErmussstabilisiertundineinenFriedensprozessimNahenOstenübergeleitetwerden.EsgibtkeinepositiveAlternativezueinerpolitischen LösungdesNahostkonfliktes,diezuzweisicheren,lebensfähigen,völkerrechtlichanerkanntenStaatenführenmuss:IsraelundPalästina.EinepolitischeLösungsetztdiegleichberechtigteTeilnahmeunddieBerücksichtigung derinteressenallerbeteiligtenaneinemfriedensprozessvoraus.frieden ohnegerechtigkeitwirdnichtvondauersein.umeinesnachhaltigenfriedenswillenbedarfesgroßeranstrengungenundinsbesondereauchhilfen dereuropäischenunionzursozialenundökonomischenentwicklungdieser Region.Deutschland,dieEUunddasNahost-Quartetthabeneinebesondere Verantwortung, dem Friedensprozess neue Impulse zu geben.
2 Drucksache 16/ Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 2.SeitJahrzehntenverschlechtertsichdieLageimNahenOsten,weilzuwenigInitiativenfüreineKonfliktlösungergriffenwurden.Diesog.RoadMap desnahost-quartetts,diesowohlvonisraelalsauchvonderpalästinensischenautonomiebehördeakzeptiertwurde,hatnichtzurgründungeines palästinensischenstaates,derfriedlichanderseiteisraelsexistiert,geführt. DieLageindenpalästinensischenGebieten,insbesondereimGazastreifen, hatsichdramatischverschlechtert.dazugehörendiefortsetzungdes Mauer-undZaunbausindenbesetztenGebieten,dieAusweitungderSiedlungen,dieWirtschaftsblockade,diemilitärischenÜbergriffesowiegezielte Tötungen.DiepalästinensischeAutonomiebehördeistderzeitkaummehr handlungsfähig.nachdenoslo-vereinbarungenhatderfriedensprozess zwischenisraelundpalästinakeinefortschrittegemacht,sondernisthinter Oslozurückgefallen.DerKriegunddieanhaltendeBesetzungimIrakund derkonfliktmitdemiranspitzendielagezusätzlichzu.auchprobleme wiez.b.dieisraelischebesetzungdergolanhöhenunddershebaa-farmen bedürfendringendeinerlösung.gewaltsameaktionenderhisbollahund derhamas,selbstmordanschlägeundangriffeaufisraelgefährdendiesicherheitisraelsundseinerbürgerinnenundbürger.einepolitischelösung desisraelisch-palästinensischenkonflikteswirdinsgesamtdazubeitragen, diesituationinderregionzubefrieden.diezukunftdeslibanon,dieherstellungseinervollensouveränität,istangelegenheitderlibanesenselbst undmussinternationalunterstütztwerden.dieentwaffnungderhisbollah undallermilizensollzurstärkungdeslibanesischenstaatesführen.dafür isteininnerlibanesischerdialognotwendig,dermitreinzivileninternationaleninitiativenunterstütztwerdensollte.dieweitereaufrüstungisraels auch durch deutsche Waffenlieferungen ist zu beenden. 3.DerWaffenstillstandaufBasisderUN-Resolution1701 (2006)bleibt prekär,auchwennihmdiekonfliktparteienzugestimmthaben.einrascher AbzugderisraelischenTruppenausdemSüdendesLibanonwäreeinBeitragzurStabilisierungdesWaffenstillstandes.DurchdenEinsatzeinerinternationalenUN-Truppe sodieresolution1701 (2006) sollinergänzung zurgeplantenstationierungvonsoldatenderlibanesischenarmeeimsüdlibanonderwaffenstillstandstabilisiertwerdenundschließlichinverhandlungenderkonfliktparteienmünden.dazuistderzeitwenigerdieausstattungderunifil-missionmiteinemkampfauftragnachkapitelviider UN-ChartaalsvielmehrdaspolitischeEinverständnisallerKonfliktparteien generellzueinerfriedlichenverhandlungslösungnotwendig,wiesieinresolution1701 (2006)aufderBasisderSicherheitsratsresolutionen242 (1967) und 338 (1973) angemahnt wird. 4.DieBundesregierungwill,dasssichDeutschlandmitBundeswehrsoldaten aneinerun-truppefürdenlibanon (UNIFIL)beteiligt.DieBundesregierungberuftsichdabeiaufdieStimmenbefreundeterRegierungenundnicht zuletztaufdenausdrücklichenwunschderisraelischenundderlibanesischenregierung.dasistderfalschewegeinesdeutschenbeitragszurnotwendigen Stabilisierung des Waffenstillstandes. 5.DeutschlandhatangesichtsseinerhistorischenVerantwortungfürden VölkermordandeneuropäischenJudenbesonderePflichtengegenüber Israel.DieseVerantwortungmussdeutschePolitikprägen.Sieschließtdas diplomatischebemühenumeinenpalästinensischenstaatein.siekann nichtaufdiepalästinenserverlagertwerden.diedeutscheverantwortung sprichtgegeneineentsendungdeutschersoldatenalsbestandteileinerinternationalenun-friedenstruppe,weiljedeihrerhandlungenvondenjeweilsbetroffenenseitenindiesenhistorischenzusammenhängengesehen würde.damitwürdendeutschesoldatenundpolizistennichtteilderlösung,sondernteildesproblems.aktuellwürdezusätzlichdieentsendung deutschersoldatenindennahenostendiepolitischenmöglichkeitenunse-
3 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3 Drucksache 16/2605 reslandes,zueinerfriedlichenlösungdesnahostkonfliktesbeizutragen, nichtausweiten,sonderneinschränken.truppensollennurneutralestaaten entsenden.deutschlandistnichtneutralundwillesauchnichtsein.dieunterschiedlichenerwartungenderbeteiligtenregierungenandeutschesoldaten sprechen ebenfalls gegen eine Truppenbeteiligung Deutschlands. NotwendigsindneueundweitreichendepolitischeInitiativen.Deutschland kann und soll helfen, aber nicht militärisch. II. Der Deutsche Bundestag wolle beschließen: Kein deutsches militärisches Engagement im Nahen Osten 1.DerDeutscheBundestaglehntsowohldieEntsendungdeutscherSoldatenin denlibanonalsauchdieentsendungdeutscherseekräftevordielibanesische Küste ab. 2.DerDeutscheBundestagruftalleKonfliktparteiendazuauf,denWaffenstillstand einzuhalten. III. Der Deutsche Bundestag wolle beschließen: Politische Alternativen zum militärischen Engagement 1.Humanitäre Hilfe DenMenschenimLibanon,inIsraelundPalästinamussraschgeholfenwerden.DeutschlandleistetSoforthilfefürdenzivilen,humanitärenWiederaufbau imlibanon.dazugehörenmedizinischeunterstützungunddereinsatzdeutscherärztinnenundärztezurbetreuungvonverwundetenundtraumatisierten OpferndesKrieges,HilfebeiderMinenräumung,HilfebeiderBekämpfung deröl-umweltkatastrophe,hilfezumwiederaufbauderzerstörteninfrastruktur,vonhäusernundwohnungen.diebundesregierungstelltderlibanesischenregierungerfahrungenzurverfügung,diedeutschediplomatenin anderenun-missionenzureingliederungvonbürgerkriegsparteienindas zivilelebengesammelthaben.deutschlandhilftbeiderausbildungvonlibanesischenzoll-undpolizeibeamtenundistauchzurvorübergehendenaufnahme von Kriegsflüchtlingen bereit. DeutschlandbeteiligtsichebenfallsanderHilfefürBürgerinnenundBürger Israels,diezuOpferndesKriegeswurden,zumBeispieldurchdiematerielle UnterstützungfürdenWiederaufbauvonHäusernundWohnungen.Besondere WiederaufbauhilfewirdderStadtHaifa,diegroßeZerstörungenerlittenhat, zur Verfügung gestellt. 2. Hilfe für Palästina wieder aufnehmen DieBundesregierungwirdaufgefordert,sichinderEuropäischenUniondafür einzusetzen,diemateriellenhilfenfürdiepalästinensischeautonomiebehörde ohneeinschränkungensofortwiederaufzunehmenunddeninderdemokratischenwahlvomfebruardiesesjahreserklärtenwillenderpalästinensischen Bevölkerung anzuerkennen. DerDeutscheBundestagappelliertanHamasundHisbollah,dieentführten israelischensoldatenfreizulassen.erappelliertanisrael,dieinhaftierten MinisterderpalästinensischenAutonomiebehörde,denParlamentspräsidenten, denvizepräsidentenunddiepalästinensischenabgeordnetenfreizulassen. DieswärenwichtigeZeichenfüreinenBeginndesDialogsalsVoraussetzung für einen Friedensprozess. DieBundesregierungwirdaufgefordert,dieInitiativedespalästinensischen PräsidentenMahmudAbbasfüreineWiederbelebungvonFriedensverhandlun-
4 Drucksache 16/ Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode genzuunterstützen.derdeutschebundestagruftdieregierungisraelsvon MinisterpräsidentEhudOlmertdazuauf,mitdempalästinensischenPräsidentenMahmudAbbasernsthaftebilateraleVerhandlungenüberdieGründungeinespalästinensischenStaatesaufzunehmenundaufeinseitigeterritorialeVeränderungenundunilateraleHandlungenzuverzichten.DerDeutscheBundestagfordertdiepalästinensischeAutonomiebehördeunterMinisterpräsident IsmailHanijazurAnerkennungIsraelsundzurAbkehrvonGewaltauf.Dazu gehört,jederformvonangriffenaufisraelentgegenzuwirken.dieeinbeziehungdergewähltenbzw.zuwählendenpalästinensischenregierungkannin dieser Art und Weise zu einer Stabilisierung im Nahen Osten beitragen. 3. Deutscher Sonderbotschafter bei der Arabischen Liga DieBundesregierungernennteinenSonderbotschafterbeiderArabischenLiga. ErsolldieZusammenarbeitmitderArabischenLigaundarabischenStaaten befördern.daskönntehilfreichseinfürdiefragen,dienachdemwaffenstillstand,demrückzugderisraelischenarmeeausdemsüdendeslibanon,dem VorrückenderlibanesischenArmeeunddemAusbauderbestehendenUNIFIL- MissionaufderTagesordnungstehen,wie:Gefangenenaustausch,Regelungen zwischenisraelunddeslibanonzudenshebaa-farmensowiezwischenisrael undsyrienzudengolanhöhen.erkönnteauchseinediensteindervermittlungzwischenisraelundpalästinazurerrichtungeineslebensfähigenpalästinensischen Staates anbieten. 4.Jugendprojektefürisraelisch-palästinensischeVerständigungaufdenWeg bringen DeutschlandgründeteinJugendprojektspeziellfürdieisraelisch-palästinensischeVerständigung,zusammenmitJugendlichenausEuropa.DieWunden, diederjahrzehntelangekriegundbürgerkriegimnahenostengeschlagenhat, sindtief.esbedarfbesondereranstrengungen,damiteinejungegeneration denhassüberwindenundzuverständnisundakzeptanzfindenkann.dieerfahrungendesdeutsch-französischenjugendaustauschesundzivilgesellschaftlicher israelisch-palästinensischer Projekte sind dafür wertvoll. 5. Ständige Nahostkonferenz in Berlin ähnlich der KSZE DerDeutscheBundestagschlägteineunbefristeteinternationaleFriedenskonferenz,eineKonferenzüberSicherheitundZusammenarbeitimNahenOsten (KSZN),vor.DerDeutscheBundestaglädtdieKSZNein,Berlinalsihren Konferenzort zu wählen. ZieledieserKonferenz,diedurchvertrauensbildendeMaßnahmenvorbereitet werden muss, können sein: dieanerkennungdesexistenzrechtsisraelsvonallenbeteiligtenmitvölkerrechtlich verbindlich festgelegten Grenzen; dieschaffungeinespalästinensischenstaatesmitvölkerrechtlichverbindlichen,vonallenbeteiligtenanerkanntengrenzen,derwirtschaftlicheund soziale Lebensfähigkeit besitzt; dievereinbarungeines Marshallplanes zursozialenundökonomischen Entwicklung insbesondere des Libanon und Palästinas; eine Regelung über die Rechte palästinensischer Flüchtlinge; eineregelungzwischenisraelundsyrienüberdiestrittigengrenzfragen und über die Rückgabe der Golanhöhen; eineverständigungübereinenfahrplanzurzügigenbeendigungderbesetzung des Irak und
5 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 5 Drucksache 16/2605 SchrittezurEntmilitarisierungderNahostregion,AbbauallerMassenvernichtungswaffeneinschließlichderisraelischenAtomwaffen,dieVerhinderungeineratomarenRüstungdesIranunddieVereinbarunggegenseitiger und internationaler Sicherheitsgarantien für die Länder der Region. DerDeutscheBundestagfordertdieBundesregierungauf,alsdeutschenBeitragzurDemilitarisierungdesNahenOstenseinensofortigenStoppeigener Waffenlieferungen in die Krisenregion vorzunehmen. DerDeutscheBundestagschlägtdemWeltsicherheitsratvor,Gesprächeüber eineständigekonferenzübersicherheitundzusammenarbeitimnahenosten (KSZN)aufzunehmenundVoraussetzungenzuschaffen,siestattfindenzu lassen. DerDeutscheBundestagwürdeesbegrüßen,wenndieKSZNvoneinem breiten gesellschaftlichen Dialog im Nahen Osten begleitet würde. MitdemAngebotBerlinsalsOrtfüreinesolcheKonferenzwirddiebesondere deutscheverantwortungfüreinefriedlichelösungdernahostkonflikteunterstrichen. Berlin, den 18. September 2006 Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
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8 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83 91, Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbh, Amsterdamer Str. 192, Köln, Telefon (02 21) , Telefax (02 21) ISSN
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