Antrag. Deutscher Bundestag Drucksache 16/394
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1 Deutscher Bundestag Drucksache 16/ Wahlperiode Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Diether Dehm, Werner Dreibus, Heike Hänsel, Cornelia Hirsch, Dr. Barbara Höll, Dr. Hakki Keskin, Monika Knoche, Dorothee Menzner, Kornelia Möller, Dr. Herbert Schui, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE. EU-Dienstleistungsrichtlinie ablehnen Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: 1.DieEuropäischeKommissionhatimJanuar2004einenVorschlagfüreine RahmenrichtlinieüberDienstleistungenimBinnenmarktvorgelegt,der nahezualledienstleistungsbereicheindergemeinschaftliberalisierenwill unddamittiefindiesouveränitätundgestaltungskompetenzdereinzelnen MitgliedstaateneingreiftundgegendenfürdieEuropäischeUnionkonstitutiven Grundsatz der Subsidiarität verstößt. DieserEntwurfwurdeinAnhörungenundBeschlüssenvonnationalenund regionalenparlamentendereuscharfkritisiertundwirdvonvielensozialen Bewegungen,Gewerkschaften,vomVerbandderKlein-undMittelbetriebe sowie von Verbraucher- und Handwerksverbänden abgelehnt. AuchderDeutscheBundestaghatdemVorschlagdieZustimmungverwehrt undinseinersitzungam30.juni2005dieeu-kommissionaufgefordert, denvorschlagzurückzuziehenundgrundlegendzuüberarbeiten.schließlich hatderbundesratinseinendreistellungnahmen (Bundesratsdrucksache 128/04),zusammengefasstimAntragdesLandesHessenvom2.September 2005 (Bundesratsdrucksache663/05),grundlegendeKritikpunkteandem vorliegendenrichtlinienentwurfformuliert.vorallemhatersichwieder DeutscheBundestageindeutiggegendasHerkunftslandprinzipausgesprochenunddiesesalsRückschrittindeneuropäischenHarmonisierungsbemühungen bezeichnet. DenBeschlussdesDeutschenBundestageshabengeschlossenauchdie AbgeordnetenderFraktionderSPD,denBeschlussdesBundesratesauch dieunionsgeführtenländergetragen.vondenverbändendergroßunternehmenundderfdpabgesehenhabensichsomitbedeutendegesellschaftlicheundpolitischekräfteindeutschlandgegendenrichtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Dienstleistungsrichtlinie gewandt. 2.DennochhatderBinnenmarktausschussdesEuropäischenParlamentsam 22.November2005denKommissionsentwurfmiteinigenÄnderungengebilligt.DieAbstimmungdarüberistimEuropäischenParlamentinerster Lesungfürden14.Februar2006terminiert.ParallelwirdimRatkontrovers über den Kommissionsvorschlag diskutiert.
2 Drucksache 16/394 2 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode NachderEntscheidungdesEuropäischenParlamentswirddergemeinsame StandpunktdesRatesfestgelegt.DabeiistderRatfrei,dieÄnderungendes Parlamentszurückzuweisen,weitereÄnderungenvorzunehmenoderdie Rücknahme des Richtlinienentwurfs zu fordern. 3.IndenAnwendungsbereichdervorgeschlagenenRichtliniefallennebenden kommerziellendienstleistungenaucheineganzereihevonbereichender öffentlichendaseinsvorsorgewiederbildungsbereichodersozialedienste. DamitwerdenTeilederDaseinsvorsorgedemGemeinschaftsrechtundder Liberalisierungunterworfen,ohnedassdiedamitverbundenenspezifischen Anforderungenberücksichtigtbzw.überhauptauchnurdiskutiertworden sind.auchinderneuenversiondesbinnenmarktausschussesfallenz.b.die WasserwirtschaftunddieAbfallwirtschaftweiterunterdenGeltungsbereich des Richtlinienentwurfs. KernstückdesRichtlinienentwurfsistdasHerkunftslandprinzip,dasesdem grenzüberschreitendendienstleistererlaubt,seineleistungennachden StandardsundVorschriftendesHerkunftslandesanzubieten,undesdem Bestimmungslandverbietet,vomAnbieterdieEinhaltungeinheimischer Gesetze und Standards zu fordern. AuchinderFassungdesBinnenmarktausschussesgiltdasHerkunftslandprinzipweiter,sowohlbeiderZulassungvonUnternehmenalsauchfürdie AusübungderDienstleistungen,unabhängigdavon,dassdasKapitelin Verwaltungsvereinfachung bzw. FreierDienstleistungsverkehr umbenanntwurde.demzufolgedürfendiemitgliedstaatenvondenunternehmenbeiderausübungderdienstleistungnurdieeinhaltungihrervorschriftenverlangen,wenndiesemitdergefahrfüröffentlichesicherheit, öffentlichegesundheitoderumweltschutzbegründetwerdenkannundunerlässlichsei.diesisteinezuhohehürdefürstaatlichekontrollen,dienur fürbegrenztesonderfällegeltungerhaltenwürdeundzueinervielzahlvon Rechtsstreitigkeitenführenwürde.DamitwürdenichtdiePolitikderMitgliedstaaten,sondernderEuropäischeGerichtshofdieWeiterentwicklung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells bestimmen. MitderAnwendungdesHerkunftslandprinzipsistdasanzuwendendeRecht fürdiegleichedienstleistungjenachherkunftdesdienstleistersverschieden.dasherkunftslandprinzipstehtinprinzipiellemwiderspruchzur HarmonisierungvonStandardsundRegelungenaufeuropäischerEbene. FührtschondieHarmonisierunginvielenFällenzueinerReduzierungvon StandardsineinzelneneuropäischenLändern,tretenmitdemHerkunftslandprinzip25nationaleRechtssystemeinjedemMitgliedstaatdirektmiteinanderinKonkurrenz.EinUnternehmenkannsichkünftigfürdasgünstigste RechtinnerhalbderEUentscheiden,indiesemLandseinenHauptsitzregistrierenlassenunddanachineinemanderenMitgliedstaatzudenrechtlichen Heimatbedingungen tätigwerden.aucheinemehrfachregistrierungist möglich,sodassjenachbedarfeinanderesherkunftslandangegebenwerdenkann.insbesonderediekleinenundmittlerenunternehmenmitqualitätsleistungen,diediesenverlagerungswettlaufnichtmitmachenkönnen, werdenbeidiesemungezügeltenwettbewerbverlieren,einerseitsgegenüber transnationalendienstleistungskonzernen,andererseitsgegenüberbilligstangeboten zu Herkunftslandkonditionen. MitderFestlegungdesHerkunftslandprinzipswirddieHarmonisierungvon StandardsundRechtsvorschriftenzugunsteneinesregulatorischenWettlaufes nachunten unterdeneu-mitgliedsländernaufgegeben.dieangebotsseitewirdsystematischbevorzugt dieseitedernachfragerundverbraucherbenachteiligt.letzterewerdenmit InformationenaufAnfrage und den Verweis auf freiwillige Verhaltenskodizes abgespeist.
3 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 3 Drucksache 16/394 ImGegensatzzumKommissionsentwurfwirdimBeschlussdesBinnenmarktausschusseszuRechtgefordert,dassdasArbeits-undSozialrechtder MitgliedstaatendurchdieRichtlinienichtberührtwird.VertreterderBundesregierungbehaupten,dassdamitdieGefahreinesSozialdumpingsausgeschlossensei.Diesistaberzubezweifeln.FürLeih-undZeitarbeitsfirmen sollweiterhindasherkunftslandprinzipgelten.inländernohnemindestlohnregelungenwieindeutschlandistdamitlohndumpingvorprogrammiert.außerdementstehteindruckzurabsenkungderlöhneinrichtung des Mindestlohnes. DerEntwurfderRichtlinieuntersagtdemBestimmungsland,Kontrollender grenzüberschreitendendienstleistungserbringerdurchzuführen,undführtzu einemweitgehendenverzichtderöffentlichenwirtschaftsaufsicht.das KontrollrechtderBestimmungsländeristinderFassungdesBinnenmarktausschusseszwareingeführtworden,solangeesaberkeineMeldepflichtfür grenzüberschreitendedienstleistungengibt,bleibtdiesesrechttheoretisch. ZumTeilgibtesineuropäischenMitgliedstaatengarkeineinheitliches Unternehmensregister.BisdieentsprechendeFirmaausfindiggemachtwerdenwürde,könntelangeZeitvergehen.ZudembliebedasProblem,dass nichtdieeinhaltungdesrechtsdesbestimmungslandes,sonderndesherkunftslandeskontrolliertwerdenmüsste,eswürdealsojeeinevon25verschiedenenrechtsordnungenzumtragenkommen.inderpraxishießedas, dassdergleichevorgangbeidergleichendienstleistungbeidemeinen Erbringergeahndetwerdenmüsste,beidemanderenjedochnichtgeahndet werdendürfte.jedermitgliedstaatmusserheblichekontroll-,rechtsprechungs-undvollstreckungskapazitätenin25rechtssystemeninüber 20Sprachen aufbauen. DieseGrundkonzeptionstelltsichverfassungsrechtlichalseineunzulässige undgefährlicheaufgabevonstaatlichenhoheitsrechtendar.staatliche Rechtsetzungwürde indeutschlandunterverstoßgegendasdemokratieprinzipdesartikels20desgrundgesetzes vonderdemokratischenlegitimationdurchdasstaatsvolkgelöst.derstaatkönntedenschutzvonarbeitnehmerinnenundarbeitnehmern,vonverbraucherinnenundverbrauchern undvoneinheimischendienstleistungserbringernnichtmehrimerforderlichenmaßegewährleisten.diegeplantenregelungenführenzueinem politischenlegitimationsproblem,daeinheimischestaatsbürgeraufeinheimischemstaatsterritoriumeinemrechteinesanderenlandesunterworfenwerden,dessenregierungsienichtdurcheinedemokratischewahl legitimiert haben. 4.WeitegesellschaftlicheKreiseerwartenvomDeutschenBundestagundvon denabgeordnetendeseuropäischenparlamentseineablehnungdervorgeschlagenenrichtlinie.insbesonderesinddiebeschlüssedesbinnenmarktausschusseserneutanlass,dieablehnungvondeutscherseitezubestätigen. DerDeutscheBundestagbegrüßtdieeuropaweitstattfindendenDemonstrationenderGewerkschaftenunddersozialenBewegungenam11.und 14.Februar2006.DiesebezeichnenausdrücklichdenpolitischenWillenin deneuropäischenmitgliedstaaten,diesenrichtlinienentwurfnichtzurealisieren. II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, 1.fürdieRücknahmederRichtliniedurchdieEU-Kommissioneinzutreten. DieEU-KommissionsolleinengrundlegendneuenVorschlagerstnachumfassendenund fundiertenfolgeabschätzungen unterbreiten,wieesder DeutscheBundestagschoninseinemBeschlussvom30.Juni2005gefordert hatte;
4 Drucksache 16/394 4 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 2.solltediesnichtdurchsetzbarsein,sichwährenddesBeratungsprozesses undbeiderbeschlussfassungdesratesdereuropäischenunionfürdie DurchsetzungfolgenderÄnderungenamEntwurfderEU-Dienstleistungsrichtlinie einzusetzen: EingemeinsamerBinnenmarktfürDienstleistungendarfaufkeinenFall zusozialdumpingodereinemdumpingbeiderentlohnungundden ArbeitsbedingungenführenoderdiefundamentalenRechtederArbeitnehmerinnenundArbeitnehmerbeeinträchtigen.Dasgiltinsbesondere beiderentsendungvonarbeitnehmerinnenundarbeitnehmern,beim sozialenschutzfürmigrierendearbeiterundzeitarbeiter,dieinder jeweiligennationalengesetzgebungdereuropäischenländeroderin nationalenkollektivverträgenniedergelegtsind.diekollektivenund individuellenarbeitnehmerrechteeineslandesmüssenfürallebeschäftigtengelten,dieindiesemlandarbeiten unabhängigvomsitzihres Arbeitgebers. DieVollendungdesBinnenmarktesfürDienstleistungenmusszueinem hohenbeschäftigungsniveauundeinemhohenmaßansozialemschutz, einemhohenverbraucherschutzniveau,einemhohenmaßanumweltschutzundzurverbesserungderumweltqualitätsowiederhebungdes LebensstandardsundderLebensqualitätbeitragen,denwirtschaftlichen, sozialenundterritorialenzusammenhaltfördernunddenreichtumder kulturellenundsprachlichenvielfaltderunionwahren,wieimeu-vertrag als gleichrangige Ziele benannt. Esistsicherzustellen,dassdieineinemMitgliedstaatangebotenen DienstleistungennichtnachdenVorschriftendesHerkunftslandes, sondernnachdengesetzlichenundtarifvertraglichenvorschriftendes Ziellandes geregelt werden. Esistsicherzustellen,dassdieDiensteimallgemeinenInteresseunddie DiensteimallgemeinwirtschaftlichenInteressevollständigausdem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Esistsicherzustellen,dassinländischeUnternehmennichtgegenüber ausländischenbenachteiligtwerden,welchesichstrengerenheimischen Gesetzen,VorschriftenundAuflagennichtentziehenkönnen.Insofern mussesmöglichsein,weiterhindiegleichenanforderungenanin-und ausländischeunternehmenzustellenunddieseohneeinmischungder EU-Kommission anzuwenden. DieBereicheSteuern,Leih-undZeitarbeitmüssenausdemAnwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie gestrichen werden. DieöffentlicheKontrolleunddieSanktionsmöglichkeitenmüssenbei dennationalenbehördendeslandesliegen,indemdiedienstleistungerbrachtwird,wiediesauchdiebeschlüssedesbinnenmarktausschusses vorsehen; 3.dieRichtlinieimRatderEuropäischenUnionabzulehnen,solltendieoben genannten Änderungen nicht vorgenommen werden; 4.einenGesetzentwurfvorzulegen,mitdemdasEntsendegesetzaufalle Branchen ausgedehnt wird; 5.sichdafüreinzusetzen,dasseineKonzeptionEuropäischerÖffentlicher Güterentwickeltwird.ZieldesKonzeptesmussessein,öffentlicheGüter durchstrukturenderöffentlichendaseinsvorsorgenachhaltigundverteilungsgerechtzuerhaltenundzuregulieren.innerhalbdessenmussein prinzipiellesrechtfürjedenmitgliedstaatfestgeschriebenwerden,spezielle Dienstleistungen (Bildung,Gesundheitsversorgung,Kultur,öffentlicherVer-
5 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 5 Drucksache 16/394 kehr,wasser-,abwasser-undenergieversorgungetc.)zunichthandelbaren öffentlichengüternzuerklären,derenliberalisierungnichtgegendenwillen der jeweiligen nationalen Regierung durchgeführt werden kann; 6.sichdafüreinzusetzen,dassdieHarmonisierungderKernbereichevon Arbeits-,Qualitäts-,Verbraucher-undUmweltschutzstandardsaufhohem NiveaueinHerzstückdesEuropäischenBinnenmarkteswird.Dabeimüssen verbindlichestandardszureinbindungvonunternehmeninsozialeund ökologischeverantwortunggesetztwerden,stattunverbindlichefreiwillige Verhaltenskodizes einzuführen. Berlin, den 17. Januar 2006 Ulla Lötzer Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Heike Hänsel Cornelia Hirsch Dr. Barbara Höll Dr. Hakki Keskin Monika Knoche Dorothee Menzner Kornelia Möller Dr. Herbert Schui Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Sabine Zimmermann Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
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8 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83 91, Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbh, Amsterdamer Str. 192, Köln, Telefon (02 21) , Telefax (02 21) ISSN
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Deutscher Bundestag Drucksache 17/14613 17. Wahlperiode 22. 08. 2013 Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Pitterle, Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Harald Koch und der Fraktion DIE LINKE. Bilanz
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