Fortbildung. Die Zulassung von vier neuen Substanzen zur oralen Antikoagulation
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- Linus Pfeiffer
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1 Eine Kooperation mit Fortbildung Schlaganfallprophylaxe bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern: orale Antikoagulation aus neurologischer Sicht Prof. Dr. med. Jan Sobesky Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin Die Zulassung von vier neuen Substanzen zur oralen Antikoagulation (nicht-vitamin-k-abhängige orale Antikoagulantien, NOAK) hat in den vergangenen Jahren das Therapiespektrum der Schlaganfallprophylaxe bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern (nvvhf) erweitert und den Stellenwert einer Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) in Frage gestellt. Insbesondere die hausärztliche Versorgung ist hier gefordert, da viele Fragen hinsichtlich der Präparatwahl und der Anwendung zu erörtern sind. Im Folgenden sollen klinisch relevante Aspekte im Umgang mit den NOAK erläutert werden. Schlaganfall und Vorhofflimmern Der Schlaganfall ist die häufigste neurologische Erkrankung, dritthäufigste Todesursache und häufigste Einzelursache für lebenslange Behinderung im Alter in den westlichen Industrieländern. In 80 Prozent handelt es sich um ischämische Schlaganfälle (Hirninfarkte) in ca. 20 Prozent um hämorrhagische Schlaganfälle (Hirnblutungen). Die Inzidenz in Deutschland beträgt ca. 200, die Prävalenz ca. 700 pro Einwohner 1. Die Mortalität variiert je nach Begleiterkrankungen und beträgt ca. 25 Prozent im ersten Jahr. Unter den behandelbaren Risikofaktoren des Hirninfarkts hat das nichtvalvuläre Vorhofflimmern eine herausragende Bedeutung. Es ist für ca. 1/3 der Hirninfarkte verantwortlich und wird oft erst im Rahmen der Diagnostik des Schlaganfalls erstmals diagnostiziert und therapeutisch erörtert. Der kardioembolische Hirninfarkt hat im Vergleich zu anderen Schlaganfallursachen (Mikroangiopathie, Makroangiopathie) eine hohe Mortalität 2. Das Schlaganfallrisiko unterscheidet sich nur gering innerhalb der unterschiedlichen Formen des VHF (Erstmanifestation, paroxysmal, persistierend, permanent) 3. Sie können auch online teilnehmen unter Bei Online-Teilnahme werden Ihre Punkte direkt an die Ärztekammer gemeldet. 66 der niedergelassene arzt 04/2016
2 Somit kommt der neurologischen Diagnostik nach einem Schlaganfall, welche zumeist auf der Stroke Unit stattfindet, eine wichtige Bedeutung für die therapeutische Weichenstellung zu. Die Risikoreduktion für Patienten mit nvvhf nach Schlaganfall ist für Vitamin-K-Antagonisten eindeutig belegt. Dennoch erhält ein relevanter Anteil von Patienten mit indizierter OAK keine ausreichende gerinnungshemmende Therapie 4. Zusätzlich zeigt sich, dass Patienten mit bestehender VKA-Therapie nicht ausreichend im therapeutischen Bereich sind. So betrug sogar im VKA-Arm der großen kontrollierten NOAK-Studien die gemittelte Zeit im INR-Zielbereich (sog. time in therapeutic range, TTR) nur 58 Prozent bis 68 Prozent 5. CHADS2- und CHA2DS2-Vasc-Score Der CHADS2-Score hat sich als Entscheidungshilfe zur Frage der Notwendigkeit einer OAK bei Pateinten mit VHF etabliert. Für die Angaben Herzinsuffizienz, Blut hochdruck, Alter über 75 Jahre und Diabetes mellitus wird jeweils 1 Punkt vergeben, für Transitorisch Ischämische Attacke und/oder Schlaganfall 2 Punkte (Tabelle 1). Bei einem Punktwert von 1 ist eine OAK gegenüber einer Acetylsalicylsäure (ASS)-Einnahme individuell zu erwägen. Bei Schlaganfall oder TIA in der Anamnese wird automatisch ein Wert von 2 Punkten erreicht, der eine Indikation für eine OAK darstellt (Tabelle 2). Dieser Score ist Abk. C Befund Herzinsuffizienz ( congestive heart failure ) H Hypertonie 1 A Alter >75 1 D Diabetes mellitus 1 S2 Vorangegangener Schlaganfall oder TIA Maximalwert 6 Tabelle 1: CHADS2 Score (modifiziert nach [6]) durch den neueren CHA2DS2-Vasc-Score um vaskuläre und geschlechtsspezifische Risikofaktoren erweitert worden 6. Die OAK zeigt gegenüber einer Therapie mit ASS nach Hirninfarkt eine eindeutige Risikoreduktion. Die Kombination von ASS und Clopidogrel als Alternative zur OAK ist als nicht adäquat anzusehen und zeigt ein relevant hohes Blutungsrisko 7. Höheres Lebensalter, Sturzgefahr, demenzielle Syndrome, Niereninsuffizienz und Mikroangiopathien sind nicht per se Kontraindikationen einer OAK. Hier muss eine individuelle Risikoabwägung auch unter Berücksichtigung des Schlaganfallrisikos getroffen werden. Als zusätzliche Einschätzung des Blutungsrisikos unter OAK kann der HAS-BLED Score 8 ergänzt wer- Punktwert In Deutschland (Stand 3/2016) sind vier NOAKs zur Sekundärprophylaxe bei ischämischem Schlaganfall und nvvhf zugelassen: Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban (in alphabetischer Reihenfolge der Wirkstoffe). Für jede der genannten Substanzen liegt je eine große multizentrische, randomisierte Studie vor 9-12, die Patienten mit nvvhf und mindestens einem vaskulären Risikofaktor einschloss (Tabelle 4). Endpunkte waren jeweils Schlaganfall und systemische Embolie. Für die spezifische neurologische Situation, z.b. bei Patienten mit stattgehabtem Schlaganfall, zeigten die Subgruppenanalysen, dass die Ergebnisse für die Patienten mit vorangegangener TIA oder Schlaganfall mit dem Ergebnis der Hauptstudie vergleichbar waren (Tabelle 5). Für eine Substanz (Apixaban) wurde zusätzlich der Vergleich zu ASS 100 bei Patienten mit nicht eindeutiger Indikation zur OAK oder nicht gewollter OAK untersucht 13. Insgesamt zeigte sich für alle NOAK zusammenfassend eine gleiche bis bessere Wirksamkeit hinsichtlich der Verhinderung von Schlaganfällen bei gleichen bis geringeren Blutungsraten (je nach Substanz und Dosierung). Insbesondere die deutlich reduzierte Rate intrazerebraler Blutungen ist aus neurologischer Sicht bemerkenswert und ist für die durchgehend positive Gesamtbeurteilung im Rahmen des net clinical benefit (Kombination aus Wirksamkeit und Sicherheit) und der reduzierten Gesamtmortalität verantwortlich (Tabelle 6). Eine erhöhte Rate gastrointestinaler Blutungen der NOAKs muss berücksichtigt werden, zeigte aber nicht die Relevanz zerebraler Blutungsereignisse 5. Aktuelle Übersichten geben eine hervorra- 1 2 den. Dieser Score dient insbesondere auch der Optimierung der Risikofaktoren bei OAK-Therapie (Tabelle 3). Aktuell zugelassene NOAK FOTO: sfam_photo shutterstock Jährliches Schlaganfallrisiko in % CHADS2 Wert 0 1,9 1 2,8 2 4,0 3 5,9 4 8,5 5 12,5 6 18,5 Tabelle 2: CHADS2 Score und Schlaganfallrisiko (modifiziert nach [6]) 67 der niedergelassene arzt 04/2016
3 Abk. Befund Punktwert H Hypertonie 1 Punkt A Abnormale Nierenfunktion/Leberfunktion je 1 Punkt S Schlaganfall in der Anamnese 1 Punkt B Blutung in der Anamnese 1 Punkt L labile INR-Einstellung 1 Punkt E Alter 65 (elderly) 1 Punkt D Medikamente, Alkohol (drugs) je 1 Punkt Maximaler Punktwert 9 gende Anleitung zur Differentialtherapie 14,15, allerdings muss betont werden, dass ein direkter Substanzvergleich aufgrund des unterschiedlichen Studien designs bisher nicht möglich ist. Es müssen vielmehr die variierte von 2,1 bis 2,8, was die unterschiedliche und durchaus studienrelevante Schlaganfallschwere zeigt. Die Rate der Patienten mit vorangegangener TIA oder Schlaganfall variierte von 20 Prozent bis Tabelle 3: HAS-BLED- Score zur Bestimmung des Blutungsrisikos bei OAK (modifiziert nach [8]) bis 2,8 Jahre, was einen Einfluss auf die Endpunkterfassung haben kann. Schließlich zeigte die TTR, als Marker der Qualität der VKA-Einstellung, Werte von 58 Prozent bis 68 Prozent. Somit zeigten alle Studien eine TTR von unter 70 Prozent im Vergleichsarm der VKA Therapie In einer Metaanalyse der o. g. NOAK-Studien 5 zeigte sich für den Endpunkt Schlaganfall/systemische Embolie im Vergleich zur VKA- Therapie eine signifikante Überlegenheit für Dabigatran (2 x 150 mg) und Apixaban (2 x 5 mg); für Rivaroxaban (1 x 20 mg) und Edoxaban (1 x 60 mg) zeigten sich ebenfalls tendenziell weniger Endpunkte, diese Reduktion war jedoch nicht signifikant. Hinsichtlich des Sicherheitsendpunkts relevante Blutungsereignisse (major bleeding) zeigten Apixaban und Edoxaban signifikant weniger Blutungsereignisse, während für Dabigatran und Rivaroxaban kein signifikanter Unterschied im Vergleich zur VKA Therapie zu jeweiligen Studiencharakteristika berücksichtigt werden. Untersucht wurden jeweils eine (Dabigatran, Apixaban) oder zwei Dosierungen (Rivaroxaban, Edoxaban) mit und ohne Dosisreduktion. Die NOAKs wurden einmal täglich (Rivaroxaban, Edoxaban) oder zweimal täglich (Dabigatran, Apixaban) verabreicht. Der mittlere CHADS2-Score RELY Dabigatran 55 Prozent, was die Abbildung des neurologischen Patientenanteils angibt. Die Anzahl der Patienten mit einer Kreatininclearance <50 ml/min lag bei 17 Prozent bis 20 Prozent und war somit vergleichbar. Allerdings ergeben sich unterschiedliche Kriterien für die nierenfunktionsbedingte Dosisreduktion. Die Zeit der Nachverfolgung variierte von 1,8 ROCKET AF Rivaroxaban ARISTOTLE Apixaban Tabelle 4: Aktuelle NOAK Studien (modifiziert nach [9-12]) ENGAGE AF Edoxaban n Substanz Dosierung Dabigatran (Antithrombin) 2x150 mg oder 2x110 mg Rivaroxaban (Anti Xa) 1x20 mg Design PROBE doppelblind randomisiert double dummy Apixaban (Anti Xa) 2x5 mg noninferiority Edoxaban (Anti Xa) 1x60 mg oder 1x30 mg noninferiority finden war. Diese Angaben sind allerdings in Anbetracht der o. g. Studienunterschiede zu interpretieren. Für die gesamte Gruppe der NOAK ( Gruppeneffekt ) fand sich eine Überlegenheit in der Verhinderung von Schlaganfällen/systemischen Embolien mit einer relativen Risikoreduktion von ca. 20 Prozent. Eine Aufschlüsselung der Schlaganfallarten zeigte, dass dieser Effekt hauptsächlich durch eine eindrückliche Reduktion der hämorrhagischen Schlaganfälle (Blutungen), die als prognoserelevant anzusehen sind, bedingt wurde. Es fand sich bei NOAK-Therapie allgemein eine nicht signifikante Verringerung um FOTO: wavebreakmedia, Click and Photo shutterstock 68 der niedergelassene arzt 04/2016
4 FOTO: Photographee.eu shutterstock 14 Prozent hinsichtlich relevanter Blutungen (major bleeding). Für einige NOAK-Präparate bzw. Dosierungen sind erhöhte Raten für relevante gastrointestinale Blutungen beschrieben. Für Edoxaban 1 x 60 mg, Dabigatran 2 x 150 mg und Rivaroxaban 1 x 20 mg zeigten sich erhöhte Raten im Vergleich zur VKA-Therapie. Für Apixaban 2 x 5 mg und Dabigatran 2 x 110 mg zeigte sich kein erhöhtes Risikoprofil. Für Edoxaban 1 x 30 mg zeigte sich eine erniedrigte Rate gastrointestinaler Blutungen. Insgesamt fand sich im Falle erhöhter Blutungsraten aber kein Effekt auf die Gesamtmortalität, die eher durch die Rate zerebraler Blutungen bestimmt wird. Die o. g. Dosisanpassungen zur Vermeidung gastrointestinaler Blutungen müssen also im Kontext der veränderten Wirksamkeit und besonders nach Therapie der gastrointestinalen Blutungsquellen beurteilt werden. Monitoring der NOAK-Therapie Einer der wesentlichen konzeptuellen Vorzüge der NOAK-Therapie ist die fehlende Notwendigkeit regelmäßiger Blutentnahmen, da diese Substanzen nicht nach Blutspiegel, sondern nach vorab definierten Dosierungen verabreicht werden. Zusätzlich sind im Vergleich zur VKA-Therapie wenig Interaktionen Tabelle 5: Basisdaten der NOAK-Studien (modifiziert nach [9-12]) bei Polytherapie zu erwarten. Allerdings zeigten die randomisierten Studien, wie auch die folgenden Registerdaten, dass die Nierenfunktion als dynamische Größe, insbesondere bei älteren Patienten, berücksichtigt werden muss. Da bei NOAK-Therapie eine renale Elimination im Vordergrund steht (Dabigatran 80 %, Edoxaban 50 %, Rivaroxaban 33 %, Apixaban 27 %) sind hier nierenfunktionsabhängige Plasmaspiegelschwankungen zu erwarten und somit substanzspezifische Dosisanpassungen zu beachten 9-12,14,15. Gleichzeitig wird damit die Notwendigkeit regelmäßiger Nierenfunktionskontrollen deutlich. Bei einer Kreatinin clearance von unter 50 ml/min (Dabigatran, Rivaroxaban, Edoxaban) bzw. bei Kreatininerhöhung und weiteren RE-LY ROCKET AF ARISTOTLE ENGAGE AF CHADS2 3-6 (%) Alter (j) Persistent AF (%) Diabetes (%) Stroke/TIA/(SE*) (%) 20 54* MI (%) Hypertonie (%) Herzinsuffizienz (%) Risikofaktoren (Apixaban) erfolgt eine Dosisreduktion der NOAKs. Unterhalb einer Kreatinin clearance von 30 ml/min sind keine ausreichenden Daten zur Sicherheit der NOAKs verfügbar. Somit ist z.b. bei Dialyse die VKA-Therapie zunächst zu bevorzugen. Blutspiegelkontrollen bei NOAK-Therapie sind routinemäßig nicht empfohlen, da spezifische Testverfahren logistisch aufwändig und/oder nicht etabliert sind, und da stark schwankende Plasmaspiegel eine Interpretation erschweren. Wiederaufnahme einer OAK nach Schlaganfall Der Schlaganfall führt zu einer vorübergehenden Störung der Blut-Hirnschranke und erhöht somit die Gefahr einer Hirnblutung. Dies reicht von asymptomatischen leichten Blutungen bis hin zu ausgedehnten Parenchymblutungen. Besteht nach Schlaganfall eine Indikation zur OAK, kann der richtige Zeitpunkt anhand der bisherigen Datenlage nur geschätzt werden. Beim ischämischen Schlaganfall sind die Schlaganfallschwere und Infarktgröße entscheidend. Hier kann eine einfache Staffelung einen Anhalt geben: Der Beginn der OAK kann prinzipiell erfolgen an Tag 1, 3, 6 oder 12 für jeweils TIA, kleinen, mittleren und großen Schlaganfall 15,16. Zuvor muss eine intrazerebrale Blutung (ICB) mittels CT oder MRT ausgeschlossen werden. Die Wiederaufnahme der OAK nach stattgehabter Hirnblutung ist eine individuelle Entscheidung und ist nicht prinzipiell kontraindiziert. Hier müssen die Ätiologie der ICB und die aktuelle 69 der niedergelassene arzt 04/2016
5 RELY ROCKET AF ARISTOTLE ENGAGE AF TIMI48 Dabigatran Rivaroxaban Apixaban Edoxaban (2x tägliche Gabe) (1x tägliche Gabe) (2x tägliche Gabe) (1x tägliche Gabe) 110 mg 150 mg 20 mg 5 mg 30 mg 60 mg Schlaganfall oder syst. Embolie (ITT) (%/Jahr) major bleeding (%/Jahr) Intrakranielle Blutung (%/Jahr) NOAK 1,53 1,11 2,1 1,27 2,04 1,57 VKA 1,69 2,4 1,6 1,8 NOAK 2,71 3,11 3,6 2,13 1,6 2,7 VKA 3,36 3,4 3,09 3,4 NOAK 0,23 0,3 0,5 0,33 0,26 0,39 VKA 0,74 0,7 0,8 0,8 Tabelle 6: Wesentliche Ergebnisse der NOAK-Studien (modifiziert nach [9-12]) Kontrolle der Risiko faktoren mit einbezogen werden. Die aktuelle Datenlage hinsichtlich VKA spricht für eine erneute Antikoagulation auch nach ICB, sofern eine klare Indikation vorliegt 17 und lässt einen optimalen Zeitraum von Wochen nach ICB vermuten 18,15. Akuter Schlaganfall unter OAK Prinzipiell ist unter OAK-Therapie eine intravenöse Lyse mit rt-pa innerhalb 4,5 Stunden nach Symp tombeginn nicht zugelassen (s. Fach info Actilyse ). Allerdings ist im Falle der VKA-Therapie die Einnahme nicht unbedingt gleichwertig zu einer Antikoagulation im therapeutischen Fenster (welches allgemein bei einer INR von 2-3 liegt). Klinische Praxis ist zumeist, dass unter VKA Therapie und INR Werten <1,7 eine Lysetherapie erfolgen kann, da die Registerdaten unterhalb dieses Bereiches keine erhöhte Blutungsrate zeigen 19. Für Patienten mit NOAK-Therapie fehlt aktuell eine diesbezügliche Erfahrung, auch wenn Fallserien prinzipiell günstige Ergebnisse präsentieren 20. Die Dabigatranwirkung kann qualitativ mit der aptt (aktivierte PTT) und mit der TZ (Thrombinzeit), semiquantitativ mit der ecarin clotting time (ECT) getestet werden. Für Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban hingegen sind spezifische Faktor-Xa-Kalibrierungen notwendig. Da hier bisher kein analoger Grenz wert bei NOAK etabliert werden kann und da aktuell keine diesbezüglichen Schnelltests zur Verfügung stehen, kann aktuell hier keine Empfehlung gegeben werden. Somit kann nur bei sicherer Medikamentenanamnese und ausreichend lang zurückliegender Einnahmezeit und normaler Nierenfunktion eine Thrombolyse (bei Normwerten für die bisherigen, klassischen Gerinnungswerte inklusive der TZ) erwogen werden. Eine mögliche Rolle der substanzspezifischen Antidote (aktuell nur für Dabigatran zugelassen: Idarucizumab) in dieser spezifischen Situation muss noch geklärt werden. Für die intrazerebrale Blutung unter Antikoagulation ist neben einer zumeist intensivmedizinischen Therapie die Gerinnungsnormalisierung höchst prognoserelevant und sollte so schnell wie möglich erfolgen 17. Im Vordergrund steht zumeist die Gabe von Gerinnungsfaktoren als unspezifischer Ansatz. Als erstes spezifisches Antidot steht seit 2015 für Dabigatran der Wirkstoff Idarucizumab zur Verfügung und lässt eine selektive Wirkung mit schneller Gerinnungsnormalisierung in der Akutphase vermuten 21. Aufklärung und Therapietreue Wie bei jeder langfristigen Therapie chronischer Erkrankungen ist eine adäquate Aufklärung über Nutzen und Risiken der NOAK fundamental wichtig. Insbesondere bei vier neuen Präparaten und Handelsnamen ist die explizite Deklaration des NAOK als relevante Antikoagulation zu betonen, da die einfachere Handhabung die Gefahr einer Unterschätzung der Nebenwirkungen auf Seite der Laien wie auch des medizinischen Personals birgt. Dies fordert auch die Versorgung mit einem spezifischen Medikamentenpass analog zur VKA-Therapie. Während eine fehlende Therapietreue (adherence) einen Wechsel von der VKA- zur NOAK-Therapie bedingen kann, kann sie auch bei der NOAK-Therapie ein Risiko darstellen. Hier muss im Aufklärungsgespräch ausreichend betont werden, dass die Nichteinnahme der NOAK auch über kurze Zeit den Therapieschutz unmittelbar beendet. Es findet insgesamt ein Paradigmenwechsel von der Kontrolle des Zielwerts (INR) zum Vertrauen in die regelhafte Einnahme statt, der in Zukunft zu beobachten ist. Bezüglich der NOAK-Therapie legen große Registerstudien bisher eine gute Therapietreue bei Prozent nahe 22,23 und unterstreichen insgesamt das günstige Wirkprofil der NOAK. Literatur beim Verfasser. 70 der niedergelassene arzt 04/2016
6 Lernerfolg Frau Arztadresse / Stempel Titel/akademischer Grad Herr Interne Codierung Barcode-Etikett (oder EFN-Nummer) Vor- und Nachname Straße cmi Institut für certifizierte medizinische Information und Fortbildung e. V. Alte Ziegelei Overath PLZ/Ort Praxis-Telefon -Adresse -Fax Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Bitte ausgefüllt faxen an: 02204/ oder per Post zurücksenden. Datum/Unterschrift Stempel bei Postversand bitte an der blauen Linie falzen Fragen zur strukturierten Fortbildung Schlaganfallprophylaxe Es ist immer nur eine Antwort richtig. Schicken oder faxen Sie bitte nur den ausgefüllten Fragenbogen an die oben genannte Adresse. Bei 7, 8, 9 oder 10 richtigen Antworten schicken wir Ihnen das Fortbildungszertifikat Schlaganfallprophylaxe mit 1cme-Punkt, welches Sie bitte an Ihre Kammer senden. 1. Welche der folgenden Aussagen zum Schlaganfall ist falsch? a) Die Inzidenz des Schlaganfalls beträgt ca. 200 pro Einwohner. b) Der Schlaganfall hat eine 3-Monats-Mortalität von unter 1 Prozent. c) Circa 80 Prozent der Schlaganfälle sind ischämische Infarkte. d) Circa 20 Prozent der Schlaganfälle sind intrazerebrale Blutungen. e) Circa 5 Prozent der Schlaganfälle haben eine kardioembolische Ursache. 2. Welche Aussage zur OAK-Therapie ist falsch? a) Die neuen oralen Antikoagulantien (Apixaban, Dabigatran, Edoxaban, Rivaroxaban) sind bei nichtrheumatischem Vorhofflimmern und Z.n. Schlaganfall zur Sekundärprophylaxe des ischämischen Schlaganfalls zugelassen. b) Die neuen oralen Antikoagulantien sind der OAK mittels Phenprocoumon gleichwertig oder überlegen bezüglich der Verhinderung von Schlaganfällen. c) Bei einer Therapie mit den neuen oralen Antikoagulantien entfällt die regelmäßige Gerinnungskontrolle. d) Die neuen oralen Antikoagulantien sind nur bei CHADS2-Score-Punktwerten von über 4 zugelassen. e) Die Kontrolle der Nierenfunktion ist unter OAK-Therapie relevant für die Therapiesicherheit. 3. Welche Aussage ist richtig? a) Der kardioembolische Schlaganfall hat im Vergleich zu anderen Schlaganfallursachen eine geringe Mortalität. b) Die Art des Vorhofflimmerns ist hoch relevant für das resultierende Hirninfarktrisiko. c) Bei VHF und vorliegendem Schlaganfall besteht zumeist eine Indikation zur OAK. d) Nach Hirninfarkt kann eine OAK frühestens nach 3 Monaten erfolgen. e) Bei Vorhofflimmern und 2 Risikofaktoren ist die doppelte Plättchenhemmung Therapie der 1. Wahl. 4. Welche Aussage zur Risikostratifizierung ist richtig? a) Der CHADS2-Score bestimmt die Infarktgröße. b) Ein CHADS2-Score von 2 oder größer stellt allgemein eine OAK-Indikation bei vorliegendem nvvhf dar. c) Der HAS BLED-Score entscheidet zwischen VKA- und NOAK-Therapie. d) Das Schlaganfallrisiko bei einem CHADS2- Score von 2 Punkten beträgt 0,5 Prozent pro Jahr. e) Der CHADS2-Score beschreibt die Wahrscheinlichkeit eines Vorhofflimmerns bei Schlaganfall. 5. Welche Aussage zur NOAK Therapie bei nvvhf ist falsch? a) Die NOAK haben unterschiedliche renale Eliminationsraten. b) Die Einnahme der NOAKs erfolgt immer einmal pro Tag. c) Es sind aktuell vier NOAK-Präparate zugelassen. d) Bei Nierenfunktionsänderungen muss eine Dosisanpassung der NAOK-Therapie erfolgen. e) Es gibt bisher keine allgemein verfügbaren Tests zur Spiegelbestimmung aller vier NAOK Präparate. 71 der niedergelassene arzt 04/2016 Lernerfolgskontrolle gültig bis April Zur Zertifizierung eingereicht bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe
7 Lernerfolg zum Thema Schlaganfallprophylaxe im April Welche Aussage zum allgemeinen Profil der NOAK- im Vergleich zur VKA-Therapie bei Pateinten mit nvvhf ist gemäß Studienlage falsch? a) Alle NOAK zeigen in allen Dosierungen eine signifikante Verringerung von ischämischen Schlaganfällen im Vergleich zur VKA-Therapie. b) Die NOAK zeigen allgemein in den jeweils höheren Dosierungen eine erhöhte Rate an gastrointestinalen Blutungen. c) Die Rate der intrakraniellen Blutungen unter NOAK-Therapie ist gleichwertig oder niedriger. d) Die Rate der ischämischen Schlaganfälle und systemischen Embolien unter NOAK-Therapie ist gleichwertig oder niedriger. e) Für ein NOAK-Präparat konnte bei Patienten mit unsicherer OAK-Indikation eine Überlegenheit des NOAK im Vergleich zur ASS-Therapie gezeigt werden. 7. Welche Aussage zur OAK nach Hirnblutung ist richtig? a) Nach Hirnblutung ist bei VHF eine OAK prinzipiell nicht mehr möglich. b) Eine Wiederaufnahme der OAK nach Hirnblutung ist prinzipiell nach individueller Abwägung bei Patienten mit VHF möglich. c) Nach Hirnblutung kann eine OAK frühestens nach einem Jahr erfolgen. d) Die Reduktion der Risikofaktoren (z. B. Hypertonie, Alkoholkonsum) hat keine Bedeutung für das Risiko einer Blutung unter OAK. e) Alle NOAK führen zu erhöhten Raten von intrazerebralen Blutungen. 8. Welche Aussage zum akuten ischämischen Schlaganfall unter OAK ist richtig? a) Beim akuten ischämischen Infarkt mit Anamnese einer VKA-Therapie kann eine Thrombolyse erwogen werden, wenn die INR kleiner oder gleich 1,7 ist. b) Bei Hirninfarkten unter NOAK ist immer eine Gabe von Gerinnungsfaktoren notwendig. c) Bei Hirnblutungen unter NOAK ist eine schnelle Korrektur der Gerinnung nicht notwendig. d) Für alle NOAK-Präparate gibt es zugelassene, spezifische Antidots. e) Die NOAK-Wirkung lässt sich durch quantitative Plasmaspiegelbestimmung in der Notfallsituation routinemäßig erfassen. 9. Welche Aussage zu allgemeinen Therapieaspekten bei OAK ist richtig? a) Die NOAK-Therapie ist auch bei geringer Therapietreue sicher und effektiv. b) Die Kontrolle der Nierenwerte ist für die NOAK-Therapie hoch relevant. c) Nach Beendigung der NOAK-Einnahme und bei normaler Nierenfunktion kommt es erst nach 72 Stunden zur Gerinnungsnormalisierung. d) NOAK werden hauptsächlich hepatisch metabolisiert. e) Bei Auslassen einer Tagesdosis sollte am Folgetag die doppelte Dosis eingenommen werden. 10. Welche Aussage zur Studienlage der NOAK-Therapie bei VHF ist falsch? a) Die Studienlage zeigt eine TTR (time in therapeutic range) für die VKA-Therapie von über 90 Prozent als Maß der VKA-Therapiequalität. b) Die Studien sind hinsichtlich Design und Patientencharakteristik nur bedingt vergleichbar. c) Die Rate der Patienten mit vorangegangener TIA oder Schlaganfall betrug je nach Studie Prozent. d) Die Beobachtungszeit der NOAK Zulassungsstudien betrug 2 3 Jahre. e) Der mittlere CHADS2-Score der eingeschlossen Patienten betrug je nach Studie ca. 2 bis 3 Punkte. Strukturierte interaktive Fortbildung (Neutralitätserklärung des Autors liegt vor.) Bitte kreuzen Sie folgende Zahlen zur Bewertung an: 1=sehr gut, 2=gut, 3=befriedigend, 4=ausreichend, 5=mangelhaft, 6=ungenügend 1. Meine Erwartungen hinsichtlich der Lernziele und Inhalte des Fortbildungsbeitrags haben sich erfüllt. 2. Die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags hat sich für mich gelohnt, weil ich etwas dazugelernt habe. 3. Der Fortbildungsbeitrag hat Relevanz für meine praktische ärztliche Tätigkeit. 4. Bitte beurteilen Sie die didaktische Aufbereitung und die Güte der präsentierten Inhalte des Fortbildungsbeitrags. 5. Durch die Lernerfolgskontrolle wurde das erworbene Wissen in angemessener Weise abgefragt. 6. Bitte beurteilen Sie, ob produkt- oder firmenbezogene Werbung den Inhalt des Fortbildungsbeitrags beeinflusst hat. Beeinflussung feststellbar Keine Beeinflussung feststellbar 7. Wie sind Sie auf diesen Fortbildungsbeitrag aufmerksam geworden? 8. Wie viel Zeit in Minuten haben Sie für die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags benötigt? bis über Weitere Bemerkungen: 72 der niedergelassene arzt 04/2016 cmi e.v. verpflichtet sich, die Bestimmungen des Bundesdatenschutz-Gesetzes einzuhalten.
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