Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln für beliebige gegenseitige Anordnungen
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1 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln für beliebige gegenseitige Anordnungen von Manfred ÄUMKR 14. Internationale Geodätische Woche 2007 Obergurgl Ötztal / Tirol Februar 2007
2 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 1 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln für beliebige gegenseitige Anordnungen Manfred ÄUMKR 1 inleitung Für die direkte Georeferenzierung von Luftbildern mittels eines INS/GPS-Systems ist es üblich, die drei Hauptachsen des INS annähernd parallel zu den Achsen des ildkoordinatensystems anzuordnen. Die daraus resultierenden kleinen Winkeldifferenzen wegen der nicht exakten parallelen Ausrichtung können dann i.d.r. in Form einer differentiellen (schiefsymmetrischen) Drehmatrix, die einmalig im Rahmen einer Kalibration bestimmt werden muss, berücksichtigt werden (äumker & Heimes 2001). Soll die Kamera aber beliebig zu den Hauptachsen des INS angeordnet werden, z.. in einem Fahrzeug, in dem die lickrichtung der Kamera schräg nach vorne und abwärts geneigt ist, können die Nichtparallelitäten nicht mehr durch eine differentielle Drehmatrix berücksichtigt werden. Nachfolgend werden die notwendigen erechnungen zur erücksichtigung und zur Kalibration der Nichtparallelitäten unter Verwendung einer allgemeinen (orthogonalen) 3x3-Drehmatrix hergeleitet. Um dabei mögliche Probleme bei der Ausgleichung der 9 Matrixelemente in Verbindung mit der Orthogonalität der Matrix zu vermeiden, erfolgt die erechnung über Quaternionen. Nachfolgend werden zunächst die eziehungen zwischen den in der Inertialnavigation und der Photogrammetrie verwendeten Koordinatensysteme und Winkel hergeleitet. Anschließend wird dann die Kalibration mit Hilfe der Quaternionen beschrieben und an einem praktischen eispiel gezeigt. 2 Definition der Koordinatensysteme und der Winkel in der Photogrammetrie Y Nord P 0 Z Höhe z C κ ϕ y ω x P i X Ost Abb. 1: Definition der Winkel und Koordinatensysteme in der Photogrammetrie Zur Aufstellung der Kollinearitätsgleichungen muss zunächst die eziehung des Objektkoordinatensystems (- System) zum verdrehten ildkoordinatensystem (- System) hergestellt werden. Diese eziehung wird i.d.r. durch eine Drehmatrix, die sich
3 2 M. äumker aus drei inzeldrehungen, sukzessive um die X-, Y-, und Z-Achse, zusammensetzt, beschrieben (Kraus 2004). Mit dieser Drehmatrix lässt sich ein beliebiger Vektor, der im Objektkoordinatensystem gegeben ist, in das verdrehte ildkoordinatensystem transformieren. Zur eschreibung eines Vektors, der vom Projektionszentrum P 0 zu einem beliebigen Objektpunkt P i zeigt, werden hier folgende Vektoren im erdfesten Objektkoordinatensystem (-System) bzw. im ildkoordinatensystem (-System) definiert: r 0i = r i r 0 = X i Y i Z i X 0 Y 0 Z 0 r i = x i y i z i Der obere Index bezeichnet das System, in dem der Vektor vorliegt, für das Objektkoordinatensystem, für das ildkoordinatensystem. Die eziehung zwischen den beiden Vektoren im - bzw. im -System wird nun über die Drehmatrix C, die von dem jeweiligen photogrammetrischen Auswertesystem abhängt, hergestellt. Der untere Index beschreibt das Ausgangssystem und der obere Index das Zielsystem, hier also die Richtung vom -System ins -System. In den photogrammetrischen Auswertesystemen ist die Drehmatrix, die sich aus drei sukzessiven Drehungen (Winkel ϕ, ω, κ) zusammensetzt, leider nicht einheitlich definiert. Dieses betrifft sowohl die Drehreihenfolge (primär, sekundär, tertiär) als auch die Drehrichtungen. eispielhaft seien hier die photogrammetrischen Auswertesysteme PAT/PHIDIAS, die dieselbe Drehreihenfolge benutzen, angeführt (enning und Schwermann 1997). Rotationsmatrix für PAT/PHIDIAS: mit R x () = cos sin 0 sin cos R y () = r i = C r 0i C = f(,,) = R z ( )R y ( )R x ( ) cos 0 sin sin 0 cos R z () = cos sin 0 sin cos C = coscos sincos + cossinsin sinsin cos sin cos sincos coscos sinsinsin cossin + sin sin cos sin cossin coscos Die Kollinearitätsgleichungen für die gemessen ildkoordinaten x i, y i ergeben sich dann unter erücksichtigung der Kamerakonstante c und der Koordinaten des Projektionszentrums (X 0, Y 0, Z 0 ) wie folgt: x i = c x i z i y i = c y i z i mit x i y i c = C X i Y i Z i X 0 Y 0 Z 0
4 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 3 3 Definition der Koordinatensysteme und der Winkel eines Inertialsystems Für Hebelarmkorrekturen und andere Umrechnungen werden die aktuellen Winkel der Fahrzeughauptachsen (= körperfestes dreidimensionales Koordinatensystem, Index b; x b = Längsachse, positiv nach vorne; y b = Querachse, positiv nach rechts; z b = Hochachse, positiv nach unten) in ezug auf das Navigationskoordinatensystem (= lokales nord- und lotrichtungsorientiertes dreidimensionales Koordinatensystem, Index n; x n = Nordachse, y n = Ostachse, z n = Vertikalachse) benutzt. Diese Winkel (ulerwinkel) werden als Kurs-, Roll- und Nickwinkel (abgekürzt: ψ, φ, θ) bezeichnet und werden insbesondere bei der chtzeitnavigation zusätzlich zur inhaltung vorgegebener Trajektorien (z.. bei ildflügen, Schiffsprofilen) benötigt. Die Definitionen der Fahrzeughauptachsen, des Roll-, Nick- und Kurswinkels sowie der positiven Drehrichtungen sind in Abb. 2 veranschaulicht. Abb. 2: Definition von Roll-, Nick- und Kurswinkel sowie der Fahrzeughauptachsen Die Roll-, Nick- und Kurswinkel sind auch erforderlich, um im körperfesten Koordinatensystem gemessene Vektoren in das Navigationskoordinatensystem zu überführen, wozu zunächst aus den drei Drehwinkeln die C b n -Transformationsmatrix (Reihenfolge der Drehungen: 1. Rollwinkel φ um x-achse, 2. Nickwinkel θ um y-achse, 3. Kurswinkel ψ um z-achse) aufzustellen ist: C b n = R z ()R y ()R x () = cos sin 0 sin cos cos 0 sin sin 0 cos cos sin 0 sin cos C b n = coscos cos sinsin sin cos cossin cos + sin sin sincos sinsinsin + cos cos sinsincos cos sin sin cossin coscos
5 4 M. äumker Da es sich hier um eine orthogonale Drehmatrix handelt, ergibt sich die inverse Drehmatrix, die die Rücktransformation (Navigationssysten ins odysystem) gewährleistet, in Form der transponierten Matrix: C n b = (C b n ) 1 = (C b n ) T = C n b Der untere Index bei der Transformationsmatrix bezeichnet auch hier das Ursprungsystem und der obere Index das Zielsystem. Mittels dieser Transformationsmatrix lassen sich nun beliebige Vektoren (z.. der Hebelarm der Kamera oder der GPS-Antenne) vom körperfesten Koordinatensystem ins Navigationskoordinatensystem und umgekehrt transformieren: körperfestes Koordinatensystem Navigationskoordinatensystem: r n = C n b r b Navigationskoordinatensystem körperfeste Koordinatensystem: r b =C n b r n =(C bn ) 1 r n Aus den inzelelementen C ij (i = Zeile, j= Spalte) der Drehmatrix lassen sich bei edarf die Kurs- und Lagewinkel wie folgt wieder zurückgewinnen: Rollwinkel: = arctan C 32 C 33 Kurswinkel: = arctan C 21 C 11 Nickwinkel: = arcsin C 31 = arctan C 31 C C Überführung der INS-Winkel in die photogrammetrischen Winkel Zur Lösung dieser Aufgabe müssen einerseits die unterschiedlich definierten Koordinatensysteme und Drehwinkel und andererseits die unterschiedlich zueinander ausgerichteten Systeme (INS-System und Kamerasystem) berücksichtigt werden. Hierzu muss im Rahmen einer Kalibration eine zusätzliche Drehmatrix bestimmt werden. Da sowohl die Achsen des Objektkoordinatensystems (-System) und des Navigationskoordinatensystem (n-system) als auch die Achsen des ildkoordinatensystems (-System) und das odykoordinatensystems (b-system) unterschiedlich definiert und orientiert sind, müssen diese Unterschiede durch zwei weitere Transformationsmatrizen berücksichtigt werden, die sich hier auf den Normalfall der Luftbildphotogrammetrie (Senkrechtaufnahme) beziehen. Für diesen Normalfall wird zunächst ein ildkkoordinatensystem * eingeführt. Die Hauptachsen dieses Systems sind definitionsgemäß exakt parallel zu denen des INS ausgerichtet. rfolgt der inbau der Kamera nun unterschiedlich zu diesem *-System, so muss diese unterschiedliche Ausrichtung durch eine spezielle Kalibration bestimmt werden, wobei hier folgende Transformationsmatrix C eingeführt wird. In der Aerophotogrammetrie lässt sich wegen der kleinen Drehwinkel i.d.r. auch eine differentielle Drehmatrix verwenden. Für die terrestrische Photogrammetrie, in der eine beliebige Ausrichtung der Kamera zum Objekt
6 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 5 üblich ist, sind diese Voraussetzungen aber nicht mehr gegeben, so dass hier eine allgemeine Drehmatrix zu verwenden ist. Diese Matrix dient zur Überführung eines Vektors vom virtuellen *-System der Senkrechtaufnahme in das gegebene ildkoordinatensystem der Kamera (-System) oder umgekehrt und berücksichtigt eine beliebige Ausrichtung der Kamera zum INS: r = C r r = C r Diese universell einsetzbare inbau- und Transformationsmatrix C lässt sich in gleicher Weise auch für die Orientierung und direkte Georeferenzierung der Messdaten eines Laserscanners einsetzen. Unter erücksichtigung dieser zusätzlichen Transformationsmatrix C leiten sich dann die Formeln für die direkte Georeferenzierung wie folgt ab: mit T n = T b = r = C r r n = C b n r b r = T n r n r = T b r b oder oder Sukzessives insetzen führt zu: r = C r = C = C = C r = (C ) T r r b = (C bn ) T r n, r n = (T n ) T r r b = (T b ) T r, (C ) T = C (C bn ) T = C n b (T n ) T = T n (T b ) T b = T (Unterschiede Objektkoordinatensystem -System und Navigationskoordinatensystem n-system, hier für PAT/PHIDIAS) (Unterschiede ildkoordinatensystem (Standardfall Senkrechtsaufnahme) *-System und INS-körperfestes Koordinatensystem b-system, hier für PAT/PHIDIAS) r T b r b T b (C bn ) T r n T b (C bn ) T (T n ) T r r = C r Die für die direkte Georeferenzierung benötigte C Drehmatrix ergibt sich direkt aus den INS-Daten (C b n ) und den drei Transformationsmatrizen T b, T n, C beschriebene Transformationsmatrix C. Die oben muss im Rahmen einer speziellen Kalibration, in
7 6 M. äumker der gleichzeitig die photogrammetrischen Winkel und die INS-Winkel bestimmt werden, einmalig ermittelt werden. Durch Umstellung der o.a. Gleichung lässt sich dann die gesuchte Transformationsmatrix C wie folgt direkt berechnen: C = C T b (C bn ) T (T n ) T C T n C n b (T b ) T = C C = C T n C b n (T b ) T Da diese orthogonale Drehmatrix 9 lemente enthält aber zur eindeutigen eschreibung einer Drehung im Raum nur 4 lemente notwendig sind, sollte die erechnung bzw. die Ausgleichung mittels Quaternionen erfolgen. Für den Fall, dass als Objektkoordinatensystem ein Gauß-Krüger- oder ein UTM-Koordinatensystem benutzt wird, muss der vom INS gelieferte Kurswinkel zusätzlich um die Meridiankonvergenz korrigiert werden. Diese Korrektur c lässt sich mit genügender Genauigkeit wie folgt berechnen: c = ( 0 )sin UTM = + c Hierin bedeuten: : geographische reite : geographische Länge 0: geographische Länge des Nullmerdians Da bei der Definition der Drehmatrix C b n die Drehung R z () die tertiäre Drehung darstellt, kann hier direkt an Stelle des INS-Winkels der um die Meridiankonvergenz korrigierte Winkel UTM verwendet werden. Für die direkte Georeferenzierung müssen außerdem die Abstände zwischen dem INS- Nullpunkt (Ursprung des odysystems) und den Projektionszentren der Kameras im odysystem des INS bekannt sein. Dieser Abstand (Hebelarm) lässt sich aus den geozentrischen Koordinaten der Projektionszentren (X 0, Y 0, Z 0 ) und des INS (X INS, Y INS, Z INS ) wie folgt berechnen: l b = l x b l y b l z b = (C bn ) T X 0 Y 0 Z 0 X INS Y INS Z INS Die Koordinaten der i.d.r. nicht zugänglichen Projektionszentren entstammen dabei einer photogrammetrischen Auswertung mittels Passpunkte. Im Fall von Gauß-Krüger- oder UTM-Koordinaten müssen die Koordinaten anschließend ins geozentrische Koordinatensystem (TRS89), in dem auch die INS-Koordinaten vorliegen müssen, transformiert werden.
8 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 7 5 Lösung über Quaternionen in nicht unwesentliches Problem stellt die in der Kalibration zu bestimmende 3x3- Transformationsmatrix C dar. Diese Transformationsmatrix enthält 9 lemente, die als eine allgemeine orthogonale Drehmatrix mit drei sukzessiven Drehungen, ähnlich wie die drei Drehungen mit ω, ϕ, κ oder φ, θ, ψ interpretiert werden kann, wobei die Darstellung dieser Drehungen mit den drei Drehwinkeln wegen der sog. Kardansperre nicht mehr eindeutig ist. ei der Verwendung der 9 lemente ist zusätzlich die Orthogonalität der Matrix zu berücksichtigen, so dass sowohl die Verwendung der Transformationsmatrix mit ihren 9 lementen als auch der Umweg über die drei Drehungen für eine Ausgleichung nicht empfehlenswert ist. ine allgemeine Drehung lässt sich eindeutig durch genau 4 Parameter beschreiben. Hier bieten sich die Quaternionen, die üblicherweise auch bei der analytischen Plattformberechnung des INS zur Vermeidung der Kardansperre benutzt werden, an. ei edarf lassen sich aus den Quaternionen jederzeit die 9 lemente der 3x3- Drehmatrix bzw. die drei Drehwinkel (z.. zur Anzeige für den künstlichen Horizont und den Kurszeiger) zurückgewinnen. Die Quaternionen sind eine Verallgemeinerung der komplexen Zahlen und wurden 1843 von Sir William Rowan Hamilton ( ) erdacht (van der Waerden 1976). Daher werden diese Zahlen oft auch als Hamilton-Zahlen bezeichnet. in Quaternion ist durch seine vier reellen Komponenten q 0, q 1, q 2, q 3 eindeutig definiert. Oft wird das Quaternion als Linearkomponenten dieser vier Komponenten mit den asiselementen 1, i, j, k dargestellt als oder als q 0 + q 1 i + q 2 j + q 3 k q 0 q 1 q 2 q 3. Analog zu den komplexen Zahlen bezeichnet man die Komponente q 0 auch als den Realteil oder den Skalarteil des Quaternions. Die Komponenten q 1, q 2, q 3 bilden dann den Imaginärteil bzw. den Vektorteil des Quaternions. Die allgemeinen Rechenregeln für Quaternionen lauten: a) Addition (assoziativ und kommutativ): q 01 q 11 q 21 q 31 + q 02 q 12 q 22 q 32 = q 01 + q 02 q 11 + q 12 q 21 + q 22 q 31 + q 32
9 8 M. äumker b) Multiplikation (assoziativ aber nicht kommutativ) q 01 q 11 q 21 q 31 q 02 q 12 q 22 q 32 = q 01 q 02 q 11 q 12 q 21 q 22 q 31 q 32 q 01 q 12 + q 11 q 02 + q 21 q 32 q 31 q 22 q 01 q 22 q 11 q 32 + q 21 q 02 + q 31 q 12 q 01 q 32 + q 11 q 22 q 21 q 12 + q 31 q 02 Dabei gilt: ij = k jk = i ki = j ji = k kj = i ik = j i 2 = 1 j 2 = 1 k 2 = 1 c) Norm des Quaternions N(q) = q q q q 3 2 d) Konjugierte des Quaternions q = q 0 q 1 q 2 q 3 Mit Hilfe der Quaternionen lassen sich Drehungen im Raum sehr einfach beschreiben und werden daher häufig auch in der Computergrafik eingesetzt. Allgemein lässt sich eine beliebige Drehung im Raum durch einen Vektor x (Raumrichtung) und einen Drehwinkel darstellen. Hierzu bildet man aus diesen 4 Parametern zunächst folgendes Quaternion: q x, = cos( 2 ) xsin 2 x 2 +y 2 +z 2 ysin 2 x 2 +y 2 +z 2 zsin 2 x 2 +y 2 +z 2 mit Die Norm dieses Quaternions ist 1. x = Mit Hilfe dieses Drehquaternions lässt sich nun ein Vektor ra beliebig im Raum drehen. Hierzu muss der zu drehende Vektor ebenfalls in ein Quaternion q r und dessen Konjugierte q r überführt werden: x y z
10 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 9 q ra = 0 r A = 0 r Ax r Ay r Az q ra = 0 r A = 0 r Ax r Ay r Az Die Drehung des Vektors ra in den Vektor r erfolgt dann mittels der Quaternionen wie folgt: mit q r = q ra q x, q r A q r 0 r = 0 r x r y r z ei edarf lässt sich aus einer bereits bekannten 3x3-Drehmatrix C mit deren 9 lementen C ij das Quaternion q wie folgt berechnen: q 0 q 1 q 2 q 3 = C 11 + C 22 + C 33 C 32 C 23 4q 0 C 13 C 31 4q 0 C 21 C 12 4q 0 Die Umkehrung gelingt mittels folgender Gleichungen: C = f(q 0, q 1, q 2, q 3 ) = q q 1 2 q 2 2 q 3 2 2(q 1 q 2 q 0 q 3 ) 2(q 1 q 3 + q 0 q 2 ) 2 (q 1 q 2 + q 0 q 3 ) q 0 2 q q 2 2 q 3 2 2(q 2 q 3 q 0 q 1 ) 2 (q 1 q 3 q 0 q 2 ) 2(q 2 q 3 + q 0 q 1 ) q 0 2 q 1 2 q q Anwendung der Quaternionen auf die Kalibration und die Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln zur direkten Georeferenzierung Die Umrechnung der INS-Winkel in die zur direkten Georeferenzierung benötigten photogrammetrischen Winkel erfolgt üblicherweise - wie bereits gezeigt - über die hieraus ableitbaren Drehmatrizen des INS (C b n, aus den Drehwinkeln φ, θ, ψ) und des photogrammetrischen Auswertesystems (C, aus den Drehwinkeln ϕ, ω, κ). C = C T b (C bn ) T (T n ) T (für die Transformation INSPhotosystem) C = C T n C n b (T b ) T (für die Kalibration von C )
11 10 M. äumker Für diese Transformation wird u.a. auch die allgemeine Drehmatrix C benötigt, die die nichtparallele Ausrichtung der drei orthogonalen Koordinatenachsen des odysystems des INS gegenüber den drei orthogonalen Koordinatenachsen des photogrammetrischen ildkoordinatensystems berücksichtigt, wobei hier im Gegensatz zur Aerophotogrammetrie nicht von einer annähernd parallelen Ausrichtung der beiden Koordinatensysteme ausgegangen werden kann. Da die Koordinatenachsen der beiden Systeme und das Projektionszentrum der Kamera i.d.r. nicht direkt zugänglich sind, empfiehlt es sich, die allgemeine Drehmatrix C und die Unterschiede der Ursprünge der beiden Koordinatensysteme (Hebelarme) im Rahmen einer Kalibration zu bestimmen, wobei sich die Drehmatrix unabhängig von den Hebelarmen bestimmen lässt. Wegen der Probleme bei der Verwendung einer allgemeinen Drehmatrix mit 9 lementen bzw. von drei Drehwinkeln empfiehlt sich die Kalibration auf der asis von Quaternionen. Für Kalibration werden die unabhängig voneinander bestimmten INS-Winkel und die Winkel des photogrammetrischen Auswertesystems (z.. aus einer photogrammetrischen Auswertung über Passpunkte) oder deren Drehmatrizen benötigt. Zur Vereinfachung werden zunächst die beiden Transformationsmatrizen C 1, C 2 gebildet und diese in die entsprechenden Quaternionen q c1, q c2 überführt: C 1 = C T n C 2 = C b n (T b ) T und q c1 = f(c 1 ) q c2 = f(c 2 ) Das im Rahmen der Kalibration gesuchte Quaternion q berechnet sich dann nach: q = q c2 q c1 Werden für die Kalibration nun mehr als ein Foto benutzt, so erhält man für jedes Foto i ein neues Quaternion q i, so dass hier eine Überbestimmung vorliegt. Die Ausgleichung gestaltet sich hier im Gegensatz zu der Verwendung einer 3x3-Drehmatrix bzw. von drei Drehwinkeln sehr einfach: Die vier Komponenten q j des Quaternions können einfach einzeln gemittelt werden, wobei auch eine gewogene Mittelbildung möglich ist: n q j = i=1 q ji p i n i=1 p i, n: Anzahl der Fotos, j = 0, 1, 2, 3 Nach dieser Mittelung muss das Quaternion noch zusätzlich nach folgender Vorschrift renormalisiert werden: = 1 q 0 2 q 1 2 q 2 2 q 3 2 q j (renormiert) = q(1 + 2 )
12 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 11 Aus dem so gemittelten und renormierten Quaternion lässt sich dann bei edarf die gesuchte 3x3-Transformationmatrix C berechnen: C = f(q ) Selbstverständlich lassen sich auch sämtliche erechnungen und Transformationen allein auf Quaternionenbasis durchführen, so dass gänzlich auf die Verwendung der 3x3- Transformationsmatrizen verzichtet werden kann. Zusätzlich können die bei der Mittelung der Quaternionen berechneten Restabweichungen auch in entsprechende Winkeldifferenzen für die INS-Winkel oder für die Winkel des photogrammetrischen Auswertesystems umgerechnet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass in der Nähe der Kardansperre die aus den Restabweichungen berechenbaren Winkeldifferenzen sehr große eträge annehmen können und daher nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal für die Transformationsgenauigkeit sind. Das nachfolgende eispiel zeigt die Kalibrationsergebnisse für die linke und rechte Kamera, die zusammen mit dem INS auf dem Dach des Vermessungsfahrzeugs montiert sind (Abb. 3). Vor bzw. nach jeder Testfahrt wird ein Testfeld mit koordinatenmäßig bekannten Referenzpunkten (Abb. 4) angefahren und von mehreren Positionen und lickwinkeln aus das Testfeld mit den zu kalibrierenden Kameras aufgenommen. Abb. 3: Das Vermessungsfahrzeug, hier mit 4 Kameras vom Typ Canon OS1 dem Inertialsystem (INS) LCI-6x und der GPS-Antenne auf dem Dach und den beiden Weggebern (Odometer) an den Hinterräder
13 12 M. äumker Aus den unabhängig voneinander bestimmten 3D-Positionen und den Winkeln des hybriden INS/GPS/Odometer-Systems und denen der photogrammetrischen Auswertung (z.. PAT/PHIDIAS) werden dann die Hebelarme der beiden Kameras und deren Transformationsquaternionen bestimmt. In dem nachfolgenden eispiel wurden jeweils drei Fotos für die Kalibration benutzt. Die rgebnisse in den Tabellen 1 5 zeigen, dass die Hebelarme der beiden Kameras und die daraus ableitbare asis b mit einer Standardabweichung von ca m und die Transformationsmatrix mit einer umgerechneten Standardabweichung von ca bestimmt werden können. Abb. 4: Das Testfeld mit den koordinatenmäßig bekannten kodierten Zielmarken (System TRS 89) Tabelle 1: INS-Winkel (φ, θ, ψ) und Winkel (ω, ϕ, κ) aus der photogrammetrischen Auswertung mit PHIDIAS ild- φ θ ψ ϕ links ω links κ links ϕ rechts ω rechts κ rechts paar [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] Tabelle 2: Transformationsquaternion für die linke Kamera ild q-winkel q 0 q 1 q 2 q 3 links [ ] [-] [-] [-] [-] Mittel
14 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 13 Tabelle 3: Transformationsquaternion für die rechte Kamera ild q-winkel q 0 q 1 q 2 q 3 rechts [ ] [-] [-] [-] [-] Mittel Tabelle 4: Hebelarme und asis b für die linke und rechte Kamera im INS- Koordinatensystem (odysystem, b-system) ild- X links Y links Z links X rechts Y rechts Z rechts asis b paar [m] [m] [m] [m] [m] [m] [m] Mittel Tabelle 5: Aus den Quaternionendifferenzen zum Mittel umgerechnete Verbesserungen für die INS-Winkel bzw. für die photogrammetrischen Winkel ild V φ V θ V ψ V ϕ links V ω-links V κ-links links [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] ild V φ V θ V ψ V ϕ rechts V ω-rechts V κ-rechts rechts [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] [ ] Zusammenfassung Für die direkte Georeferenzierung von photogrammetrischen Daten oder von Daten eines Laserscanners mittels der Positionen und Winkel eines Navigationssystems (INS/GPS) müssen einerseits die gegenseitige Ausrichtung (Orientierung) und andererseits die Abstände (Hebelarme) zwischen den beiden Systemen bekannt sein. Für die Orientierung der ilddaten ist außerdem die vom photogrammetrischen Auswertesystem abhängige Definition und Drehreihenfolge der Winkel zu berücksichtigen. Ausgehend von dem Standardfall der Senkrechtaufnahme werden die formelmäßigen Zusammenhänge zwischen den photogrammetrischen Winkeln (ω, ϕ, κ) und den INS- Winkeln (φ, θ, ψ) für beliebige Orientierungen und Achsausrichtungen hergeleitet. Durch Umstellung dieser allgemeingültigen Formeln lässt sich daraus die für die Umrechnung notwendige 3x3-inbau- oder Transformationsmatrix, die eine beliebige gegenseitige Orientierung berücksichtigt, im Rahmen einer speziellen Kalibration ermitteln. Die erechnung der 3x3-Transformationsmatrix erfolgt hier über einen Quaternionenalgorithmus, da mit den 4 lementen eines Quaternions eine eindeutige eschreibung einer Drehung im Raum möglich ist. Außerdem gestaltet sich die Ausgleichung für den Fall einer Überbestimmung bei Verwendung von Quaternionen
15 14 M. äumker erheblich einfacher als bei der Verwendung von drei Drehwinkeln oder einer 3x3-Matrix. Für die erechnung des Transformationsquaternions müssen für mindestens ein ild die photogrammetrischen als auch die INS-Winkel gegeben sein. Aus den 3D-Koordinaten des Projektionszentrums der Kamera und denen des Koordinatenursprungs des INS ergibt sich unter erücksichtigung der INS-Winkel der Hebelarm der Kamera im körperfesten Koordinatensystem des INS. Das angeführte eispiel, in dem die Kalibrationsmethode auf zwei auf dem Dach eines Fahrzeugs montierte Kameras angewendet wird, zeigt, dass sich die aus dem Transformationsquaternion ableitbaren Drehwinkel mit einer Genauigkeit von ca und die Hebelarme bzw. die asis b zwischen den beiden Kameras mit einer Genauigkeit von ca m bestimmen lassen. Mit dieser Genauigkeit lassen sich anschließend bei der direkten Georeferenzierung (ω, ϕ, κ) der ilddaten auch die INS-Winkel (φ, θ, ψ) mit Hilfe der Quaternionen in die photogrammetrischen Winkel umrechnen, wobei die Umrechnung von dem jeweiligen photogrammetrischen Auswertesystem abhängt. Vielfach ist dabei den photogrammetrischen Anwendern die Definition der Drehungen und Drehreihenfolge des Auswertesystems nicht bekannt. Aus diesem Grunde wäre es zweckmäßig, sämtliche Drehungen nur durch die eindeutig definierten Quaternionen zu beschreiben zumal die photogrammetrischen Winkel ohnehin ein Relikt aus den Tagen der analogen Auswertesysteme sind. In der Inertialnavigation werden die Quaternionen bereits seit der ntwicklung der Strapdown-Systeme und der damit verbundenen analytischen Plattformberechnung verwendet. Die zur Flugführung und für die Anzeigeinstrumente (z.. künstlicher Horizont) notwendigen Roll-, Nick- und Kurswinkel werden dann bei edarf direkt aus dem aktuellen Quaternion berechnet. Die hier angeführten Quaternionen und damit verbundenen Algorithmen lassen sich ohne Weiteres auch für die Kollinearitätsgleichungen verwenden, so dass eine Umrechnung der INS-Winkel in die photogrammetrischen Winkel nicht unbedingt notwendig ist und komplett durch die Quaternionalgorithmen ersetzt werden kann. Auf diese Weise könnten die verschieden definierten photogrammetrischen Auswertesysteme einheitlich behandelt werden - Hamilton sei Dank! Literatur äumker, M, F.-J. Heimes (2001): New Calibtarion and Computing Method for Direct Georeferencing of Image and Scanner Data Using the Position and Angular Data of an Hybrid Inertial Navigation System. In: Proceedings OP Workshop Integrated Sensor Orientation, Hannover, äumker, (2002): Hybride Messtechnik, GPS, INS und Stützsensorik. In: Proccedings des Seminars Kinematische Anwendungen auf Straße und Schiene, Neubiberg, äumker, M, H. Hahn, F.-J. Heimes, G. Vestjens (2003): in strenges funktionales Modell für die direkte Georeferenzierung und modellgestützte Regelung einer
16 Kalibration und Umrechnung von INS- und photogrammetrischen Winkeln 15 Fernerkundungsplattform. In: Proceedings 23. Wissenschaftlich-Technische Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation (DGPF), ochum, enning, W. und R. Schwermann (1997): PHIDIAS-MS - eine digitale Photogrammetrieapplikation unter MicroStation für Nahbereichsanwendungen. Allg. VermessungsNachrichten AVN 104, S , Korn, G. A. and Th. M. Korn (1968): Mathematical Handbook for Scientists and ngineers: Definitions, Theorems and Formulas for Reference and Review. McGraw-Hill Handbooks. McGraw-Hill, New York, NY, second edition, Kraus, K. (2004): Photogrammetrie. and 1. Geometrische Informationen aus Photographien und Laserscanneraufnahmen. 7. Aufl., de Gruyter Lehrbuch, erlin 2004, ISN , Schmieder, L.(1985): Quaternionen und ihre Anwendung auf die Kreiseltheorie. Zeitschrift für Flugwiss. u. Weltraumforschung, Heft 5, S , van der Waerden,. L. (1976): Hamilton's discovery of quaternions. Math. Mag. 49 (5) (1976), S , Anschrift des Autors: Prof. Dr.-Ing. Manfred äumker Fachbereich Vermessungswesen und Geoinformatik FH ochum Lennershofstr ochum
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