Die heronische Formel für die Dreiecksfläche

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1 Die heronische Formel für die Dreiecksfläche Walter Fendt 1. März gh So lautet die wohl bekannteste Formel für den Flächeninhalt eines Dreiecks. Dabei stehen die Bezeichnungen g und h für die Länge einer Seite (Grundseite) und die zu dieser Seite senkrechte Höhe. Die Formel setzt voraus, dass man wenigstens eine der drei Höhen des Dreiecks kennt eine Bedingung, die längst nicht immer erfüllt ist. Sind etwa die Seitenlängen a, b und c gegeben, so würde die nwendung von 1 gh erst die mühsame Berechnung einer Dreieckshöhe erfordern. Wesentlich schneller führt in diesem Fall die sogenannte heronische Formel s(s a)(s b)(s c) zum Ziel. Sie ist benannt nach dem griechischen Mathematiker und Physiker Heron von lexandria (etwa 50 bis 100 n. Chr.). Die Variable s, die in der Formel mehrfach vorkommt, bedeutet den halben Dreiecksumfang: s a+b+c Im Folgenden soll ein elementargeometrischer Beweis der heronischen Formel dargestellt werden.

2 1 Grundlagen Satz 1 Der Flächeninhalt eines Dreiecks ist gleich dem Produkt aus dem halben Dreiecksumfang und dem Inkreisradius. Flächeninhalt sρ a, b und c seien die Seitenlängen des Dreiecks. s a+b+c für die Hälfte des Dreiecksumfangs, ρ für den Inkreisradius. steht Beweis: C b ρ I ρ ρ a c B Verbindet man jede der drei Ecken mit dem Inkreismittelpunkt I, so wird dadurch das Dreieck BC in drei Teildreiecke BCI, CI und BI zerlegt. Die Flächeninhalte dieser Teildreiecke lassen sich mit der Formel 1 gh berechnen. ls Grundseite (g) wählt man jeweils eine Seite des ursprünglichen Dreiecks BC. Die zugehörige Höhe (h) stimmt dann mit dem Inkreisradius ρ überein, da eine Kreistangente stets senkrecht zum zugehörigen Kreisradius steht. Damit ergibt sich: BCI 1 aρ CI 1 bρ BI 1 cρ

3 Für den Flächeninhalt von Dreieck BC folgt daraus 1 aρ+ 1 bρ+ 1 cρ 1 ρ(a+b+c) sρ. Satz Für den Flächeninhalt eines Dreiecks gilt: Flächeninhalt (s a)ρ a (s b)ρ b (s c)ρ c a,bundcsind die Bezeichnungen für die Seitenlängen.s a+b+c bedeutet die Hälfte des Dreiecksumfangs. Mit ρ a, ρ b und ρ c sind die nkreisradien benannt. Beweis: C ρ a b a ρ a M a ρ a c B Der Flächeninhalt des Dreiecks BC lässt sich ausdrücken durch BMa + CMa CBMa. Die drei Flächeninhalte auf der rechten Seite lassen sich jeweils in der Form 1 gh schreiben, wobei eine der Seiten von Dreieck BC als Grundseite g genommen wird und der nkreisradius ρ a als Höhe h. 3

4 1 cρ a + 1 bρ a 1 aρ a 1 ρ a(c+b a) Ist s a+b+c der halbe Umfang von Dreieck BC, so gilt 1 (c+b a) 1 [(a+b+c) a] a+b+c a s a. Man erhält für die Dreiecksfläche also (s a)ρ a. Die anderen Beziehungen (s b)ρ b und (s c)ρ c werden auf entsprechende Weise begründet. Satz 3 In einem Dreieck ergibt sich die Entfernung einer Ecke vom gemeinsamen Punkt des Inkreises mit einer benachbarten Seite als Differenz des halben Dreiecksumfangs und der Länge der gegenüber liegenden Seite. Y Z s a BZ BX s b CX CY s c Die Seitenlängen sind mit a, b und c bezeichnet. s a+b+c der halbe Dreiecksumfang. ist 4

5 C Y z z x I X y x Z y B Beweis: Bei den gesuchten Entfernungen handelt es sich um die Längen von Tangentenabschnitten. Je zwei dieser bschnitte gehen vom gleichen Punkt aus und sind daher gleich groß. Es sollen die bkürzungen x Y Z, y BZ BX und z CX CY verwendet werden. us der Zeichnung erkennt man: y +z a z +x b x+y c Durch ddition dieser drei Gleichungen und Division durch erhält man: (y +z)+(z +x)+(x+y) a+b+c x+y +z a+b+c x+y +z a+b+c s us dieser Beziehung und den Gleichungen für a, b und c folgt mit x (x+y +z) (y +z) s a y (x+y +z) (z +x) s b z (x+y +z) (x+y) s c die Behauptung. 5

6 Satz 4 In einem Dreieck ist die Entfernung einer Ecke vom gemeinsamen Punkt des gegenüber liegenden nkreises mit der Verlängerung einer benachbarten Seite halb so groß wie der Dreiecksumfang. Y a Z a s BZ b BX b s CX c CY c s s ist wie bisher die Hälfte des Dreiecksumfangs. Y a X b C Y b X a Z b Z c B X c Z a Y c Beweis: Wie im Beweis von Satz 3 nützt man die Gleichheit von Tangentenabschnitten (Y a Z a ; BX a BZ a ; CY a CX a ) aus. B+BX a B+BZ a Z a Y a C+CY a C+CX a (1) Da andererseits die Summe aus B+BX a und C+CX a gleich dem Dreiecksumfang s ist, müssen beide Rechenausdrücke gleich s sein. us (1) geht hervor, dass Z a und Y a ebenfalls mit s übereinstimmen. Damit ist der erste Teil des Satzes gezeigt. Die restlichen Behauptungen lassen sich entsprechend beweisen. 6

7 Die heronische Formel Satz 5 Für den Flächeninhalt eines Dreiecks mit den Seitenlängen a, b und c gilt: Flächeninhalt s(s a)(s b)(s c) Dabei ist s a+b+c die Hälfte des Dreiecksumfangs. Beweis: C M a α I Z ρ β B Z a ρ a In der Planfigur sind für ein Dreieck BC der zugehörige Inkreis und ein nkreis dargestellt. Der Inkreismittelpunkt I liegt auf den Winkelhalbierenden der Innenwinkel α und β. Der Mittelpunkt des gezeichneten nkreises (M a ) liegt auf der Winkelhalbierenden von α und auf der Halbierungslinie des Nebenwinkels von β, die zur Winkelhalbierenden von β senkrecht verläuft. Die beiden Kreise berühren die Gerade B in den Punkten Z und Z a. Die von den beiden Kreismittelpunkten ausgehenden Strecken [IZ] und [M a Z a ] sind also senkrecht zu B. 7

8 Mithilfe des Ähnlichkeitssatzes WW (Übereinstimmung in zwei Winkeln) zeigt man, dass die Dreiecke IZB und BZ a M a ähnlich sind: <) BZI <) M a Z a B (rechte Winkel) <) IBZ <) BM a Z a (gleich β ) Entsprechende Streckenverhältnisse in ähnlichen Dreiecken müssen gleich sein. Daher gilt: IZ : ZB BZ a : Z a M a IZ : ZB (Z a B) : Z a M a Unter Berücksichtigung von ZB s b (Satz 3) und Z a s (Satz 4) lässt sich diese Verhältnisgleichung schreiben als ρ : (s b) (s c) : ρ a. Äußeres und inneres Produkt müssen übereinstimmen: ρρ a (s b)(s c) () us der gewonnenen Gleichung kann man nun mithilfe von Satz 1 ( sρ) und Satz ( (s a)ρ a ) den Flächeninhalt des Dreiecks BC berechnen. Zweckmäßigerweise betrachtet man zuerst das Quadrat dieses Flächeninhalts. sρ (s a)ρ a Durch Einsetzen von () folgt daraus unmittelbar s(s a)(s b)(s c). Beidseitiges Wurzelziehen liefert schließlich die Heron-Formel s(s a)(s b)(s c). 8

9 Bemerkungen: Mein Dank gilt Herrn Stefan Walter, dessen Hinweise eine deutlich vereinfachte Beweisführung ermöglichten. Ein weiterer Beweis für die heronische Formel wird von rndt Brünner in [] dargestellt. Dort wird zunächst mithilfe des Satzes von Pythagoras ein Rechenausdruck für die zu einer Dreiecksseite gehörige Höhe angegeben. Dieses Ergebnis wird in die bekannte Flächenformel 1 gh eingesetzt. Durch algebraische Umformungen lässt sich nun die Behauptung s(s a)(s b)(s c) beweisen. Eine relativ knappe Begründung ermöglicht die Trigonometrie (siehe [3]). Unter Verwendung von Cosinussatz und Trigonometrischem Pythagoras kann man den Sinuswert des Innenwinkels α durch a, b und c ausdrücken. Berechnung des Flächeninhalts gemäß 1 bcsinα führt zur heronischen Formel. 3 Folgerungen us der Heron-Formel gewinnt man mit geringem Rechenaufwand weitere interessante Ergebnisse. Satz 6 Der Inkreisradius eines Dreiecks mit den Seitenlängen a, b und c lässt sich berechnen durch: Inkreisradius (s a)(s b)(s c) ρ s s a+b+c ist die Hälfte des Dreiecksumfangs. Beweis: Die Behauptung folgt problemlos aus sρ (siehe Satz 1) und der heronischen Formel (Satz 5): ρ s s(s a)(s b)(s c) s 9

10 s(s a)(s b)(s c) s (s a)(s b)(s c) s Satz 7 Für die Radien der drei nkreise eines Dreiecks gelten folgende Formeln: nkreisradien s(s b)(s c) ρ a s a s(s a)(s c) ρ b s b s(s a)(s b) ρ c s c a, b und c stehen für die Seitenlängen, s a+b+c Dreiecksumfang. für den halben Beweis: us Satz und Satz 5 folgt: ρ a s a s(s a)(s b)(s c) s a s(s a)(s b)(s c) (s a) s(s b)(s c) s a Entsprechend erhält man die Rechenausdrücke für ρ b und ρ c. 10

11 Satz 8 Der Flächeninhalt eines Dreiecks BC lässt sich folgendermaßen durch den Inkreisradius ρ und die drei nkreisradien ρ a, ρ b und ρ c ausdrücken: Flächeninhalt ρρ a ρ b ρ c Beweis: us den Sätzen 1 und ergibt sich ρρ a ρ b ρ c s s a s b s c 4 s(s a)(s b)(s c). Vergleicht man den Nenner des letzten Bruches mit der heronischen Formel (Satz 5), so erkennt man, dass dieser gleich ist, und erhält ρρ a ρ b ρ c 4. Beidseitiges Radizieren beweist nun die Behauptung. Literatur [1] Friedrich Barth, Gert Krumbacher, Elisabeth Matschiner, Konrad Ossiander: nschauliche Geometrie 3. Ehrenwirth Verlag, München, [] rndt Brünner: Die Formel von Heron für die Dreiecksfläche. [3] PlanetMath: Proof of Heron s Formula. planetmath.org/encyclopedia/proofofheronsformula.html Letzte Änderung: 8. März