11. Stabilitätsprobleme
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- Annegret Steinmann
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1 11. Stabilitätsprobleme 11.1 Einführung Bisher wurden statische Systeme im stabilen Gleichgewicht betrachte (siehe Abbildung , links). Bei der Berechnung von Lagerkräften und - momenten, Schnittgrößen sowie Spannungen wurde vom unverformten System ausgegangen, d.h. eine sogenannte Theorie 1. Ordnung betrieben. In der estigkeitslehre interessierte das Versagen des Systems bei Erreichen einer kritischen Grenzspannung. Abb : Stabiles, indifferentes und labiles Gleichgewicht. Im folgenden geht es uns, als Aufgabengebiet der Stabilitätstheorie, um indifferente und labile Gleichgewichte statischer Systeme (Abbildung , Mitte und rechts). Wie wir sehen werden, wird es bei der Berechnung der Gleichgewichtslagen des Systems nötig, die Verformung mit einfließen zu lassen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Theorie zweiter Ordnung. Dabei stehen die Verformungen stets senkrecht zu der Belastung, und sie sind nicht länger proportional zur aufgeprägten Last. 11. Ein erstes Stabilitätsproblem Betrachte den in Abbildung links dargestellten Stab der Höhe h, gestützt durch eine senkrecht zur Achse wirkende eder in Abstand h 1 vom Boden, welcher an seiner Spitze durch eine längs seiner Achse wirkende Druckkraft belastet wird. Ziel soll es sein, diejenige kritische Drucklast k zu finden, bei der der Stab beginnt, auszubrechen. Dazu schneiden wir die eder frei, lenken den Stab ein wenig aus der Gleichgewichtslage aus (siehe Abbildung 11..1, rechts) und stellen die Momentenbilanz um den Punkt D auf: 5
2 M = 0 h + h D c 1 = 0. (11..1) h 1 ' h 1 A A ' =c A Ay Abb : Mit eder gehaltener Stab unter Drucklast. Mit dem edergesetz (der Inde steht für die Kraft der eder): = c (11..) folgt daraus: 6
3 ch 1 h = 0, (11..3) h 1 und da die Auslenkung nicht verschwinden soll, muß gelten: 1 = c h h k. (11..4) Dies ist die gesuchte kritische Last, bei der das System ausweicht. Man darf sagen, daß der Gleichgewichtszustand des Systems zusammenbricht, falls die Kraft über den genannten Wert steigt. Praktisch wird die Verformung durch eine kleine Ezentrizität, Unebenheit oder sonstige Störung des Systems eingeleitet. Beachte ferner, daß das Ausweichen senkrecht zur Last erfolgt Zur Phänomenologie von Stabilitätsproblemen Wie im letzten Beispiel angedeutet, treten Stabilitätsprobleme in der Prais auf, wenn das Bauteil / das Bauelement auf Druck oder Schub belastet wird. Beispiele sind: (a) Knicken: Siehe Abbildung (b) Beulen eines Blechs: Ein durch genügend hohe Druck- oder Schubspannungen belastetes Blech beult aus, siehe Abbildung (c) Kippen: Der Druckgurt eines unter genügend hoher Querlast stehenden Biegeträgers weicht senkrecht zur Kraftrichtung aus, siehe Abbildung ). (d) Biegedrillknicken: Ein unsymmetrisches Profil unter genügend hoher Druckbelastung verdreht sich und knickt aus, siehe Abbildung Abb : Knicken eines Stabes unter Druck. 7
4 Abb : Beulen eines Blechs unter Druck Die Eulersche Knickgleichung - Gelenkige Lagerung Betrachte den in Abbildung dargestellten Stab unter Aiallast. Diese greift in ührungsrichtung des oberen einwertigen Lagers an. Unten ist der Stab an einem zweiwertigen Gelenk befestigt. Gesucht ist die maimal zulässige Drucklast, bevor der Stab, wie rechts im Bild zu sehen, ausbricht. Wie schon im Beispiel 11., untersuchen wir das Gleichgewicht am ausgelenkten System, d.h. wir starten von der bekannten Differentialgleichung der Biegelinie mit zugehörigen Momentenfläche: () M w () =, M () = w(). (11.4.1) EI l E, I w() Abb : Eulerscher Knickstab gehalten von einem ein- und einem zweiwertigen Lager. Einsetzen liefert: 8
5 w () = α w, α = > 0, (11.4.) EI wobei durch das Quadrat angedeutet wird, daß es sich bei der Abkürzung α um eine positive Größe handelt. Es resultiert folgende Differentialgleichung zweiter Ordnung: () + α = 0 w w. (11.4.3) Die allgemeine Lösung dieser Gleichung lautet: w () = A ( α) + Bcos( α) sin, (11.4.4) und die Konstanten A bzw. B bestimmen wir aus den Randbedingungen, die für das in Abbildung dargestellte System zu fordern sind: ( = 0 ) = 0 B = 0 w, (11.4.5) und: ( = l) = 0 Asin( αl) = 0 w. (11.4.6) Es wäre töricht, aus der letzten Beziehung A = 0 schließen zu wollen, denn dann hätten wir nur die triviale (die Nullösung) gefunden, die sicherlich bis zum Erreichen der Grenzlast vorliegt, wie man auch ohne Rechnung weiß. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, die Gleichung (11.4.6) zu erfüllen, nämlich, wenn man fordert: αl = nπ, (11.4.7) wobei n eine ganze (positive) Zahl ist. Dann folgt: α n π = = l EI, (11.4.8) d.h. die Kraft muß so gewählt werden, daß eine ganz bestimmte Knickbedingung eben die aus Gleichung (11.4.6), erfüllt ist: EIπ = = n,. (11.4.9) l k k n k Indem man in Gleichung (11.4.4) einsetzt, entsteht: 9
6 nπ w() = Asin. ( ) l Man beachte, daß über die Amplitude der Verschiebung nichts ausgesagt wird. Je nach Wert von n erhält man verschiedene Modi der Auslenkung. Solche sind für die Werte n = 1,, 3 in Abbildung dargestellt. Der erste dargestellte Versagensfall erfordert die geringste Kraftanstrengung und tritt daher i.a. auch zuerst ein. n = 1 n = n = 3 k k 4 k 4 k 9 k 9 k Abb : Auslenkungsmodi des Eulerschen Knickstabs. Kennt man die zum Knicken nötige Kraft, so läßt sich bei bekanntem Stabquerschnitt A daraus eine kritische Spannung errechnen: k EIπ σ k = =. ( ) A Al Mit Hilfe des schon aus Abschnitt bekannten Trägheitsradius i : I i = (11.4.1) A definiert man den sogenannten Schlankheitsgrad λ des Stabes zu: l λ =, ( ) i und die kritische Spannung läßt sich dann auch schreiben als: Eπ σk =. ( ) λ 30
7 Die Abhängigkeit der kritischen Spannung vom Schlankheitsgrad, die sogenannte Eulerhyperbel, ist in Abbildung zu sehen: σ k Grenze: ließspannung σ 1 ~ λ Abb : Eulerhyperbel. Man erkennt, daß für gedrungene Stäbe, also bei kleinen Werten von l, bzw. kleinem Schlankheitsgrad λ, die kritische Spannung deutlich ansteigt und eventuell oberhalb der ließgrenze liegt, womit die Stabilitätsfrage als Sicherheitsproblem hinfällig wird Die vier Eulerschen Knicktypen S k = l S k = 0.7l S k = 0.5l S k = l Abb : Die vier Eulerschen Knickfälle. 31
8 Neben der im vorigen Abschnitt besprochenen Lagerung wurden von Euler noch weitere Lagerungsarten von Stäben und die damit jeweils verbundene Stabilitätsfrage untersucht. Man spricht von den vier Eulerschen Knicktypen eines Stabes. Diese sind in Abbildung schematisch zu sehen. Des weiteren ist bei jedem all ein Parameter S k angegeben. Dieser bestimmt die notwendige kritische Last, welche je nach Lagerungsfall verschieden ist, gemäß: k EIπ =. (11.5.1) S k z y N M Q D M + dm w() w(+ ) Q + dq N + dn Abb : Biegung eines Knickstabstücks. Um diese Gleichung mit den bei gegebener Einspannung relevanten Parameterwerten S k herzuleiten, ist es ratsam, eine Gleichung für die Verschiebung herzuleiten, die zunächst unabhängig von der gewählten Einspannung (oder mathematisch ausgedrückt: Randbedingung) gilt. Dazu argumentiert man lokal für das in Abbildung dargestellte 3
9 Balkenstück wie folgt. Kräfte- und Momentengleichgewicht am gekrümmten, unter der Drucklast stehenden Balken liefern mit den Bezeichnungen der Abbildung folgende Zusammenhänge: ( N + dn ) cos( ) + ( Q + dq) sin( ) 0 = 0 : N + =, ( Q + dq) cos( ) + ( N + dn ) sin( ) 0 y = 0 : + Q =, (11.5.) ( ) M D = 0 : M Q ( Q + dq) + M + dm = 0. Vernachässigt man hierin Größen höherer Ordnung, die bei der Entwicklung der Winkelfunktionen, sowie beim Ausmultiplizieren der Klammerausdrücke entstehen, so resultieren folgende drei Zusammenhänge, die wir schon aus dem Abschnitt über Normalkrafts-, Querkrafts- und Momentenflächen her kennen: dn = Q, N dq dm =, = Q. (11.5.3) Wir kümmern uns zunächst um die beiden letzten Gleichungen. Aus der Abbildung ist ersichtlich, daß: dw = w ( + ) w ( ) = w =. (11.5.4) Außerdem ist: N =, (11.5.5) also folgt: d M = = + w. (11.5.6) ür die Krümmung weiß man nach Gleichung (10.6.7) außerdem, daß gilt: M w =. (11.5.7) EI Also folgt durch Kombination dieser Gleichungen: 33
10 EI, (11.5.8) ( w ) + w = 0 was man bei konstanter Steifigkeit EI auch wie folgt schreiben kann: IV w + λ w = 0, α =. (11.5.9) EI Dieses ist eine Differentialgleichung vierter Ordnung, eine sogenannte Eigenwertgleichung und, wie man durch Differentieren verfizieren kann, lautet ihre allgemeine Lösung: ( ) = A ( α) + Bsin( α) + Cα D w cos +. ( ) y = tan y = π π = π π Abb : Zur Lösung der transzendenten Gleichung im Eulerfall 3. Dabei bezeichnen A, B, C und D vier Integrationskonstanten, die man geeignet an Randbedingungen anpassen muß. Dieses sei für den all Nummer 3 aus Abbildung erläutert. Offenbar muß gelten: 34
11 ( = 0 ) = 0, y ( = 0) = 0, y( = l) = 0, M( = l) = 0 y. (11.5.9) Durch Kombination der resultierenden Gleichungen, bzw. Eliminierung von C und D, erhält man: ( cos [ α ] 1) A + ( sin[ αl] αl) B = 0 l, ( ) [ α ] A + sin[ αl] B 0 cos l =. Um nicht die Nullösung für A und B zu erhalten, muß die Determinante dieses Gleichungssystems verschwinden, also gelten: ( αl) = αl tan. ( ) Dies ist eine transzendente Gleichung, die man, wie in Abbildung angedeutet, graphisch lösen kann. Wie man sieht, gibt es analog zu dem im vorherigen Abschnitt diskutierten Lagerungsfall auch hier unendlich viele Lösungen, nämlich Schnittpunkte. ür den ersten gilt: αl (11.5.1) Wegen Gleichung (11.4.0) ergibt sich: k π EI, ( ) ( 0.7l) und dies war bereits in der Abbildung durch Angabe des aktors S k in Verbindung mit Gleichung (11.5.1) gesagt worden. 35
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