Das Alles-oder-nichts-Prinzip im Privatversicherungsrecht
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- Bernt Gärtner
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1 Christian Armbrüster Das Alles-oder-nichts-Prinzip im Privatversicherungsrecht zugleich ein Beitrag zur Reform des VVG
2 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar Verlag Versicherungswirtschaft GmbH Karlsruhe Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urhebergesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags Versicherungswirtschaft GmbH, Karlsruhe. Jegliche unzulässige Nutzung des Werkes berechtigt den Verlag Versicherungswirtschaft GmbH zum Schadenersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Bei jeder autorisierten Nutzung des Werkes ist die folgende Quellenangabe an branchenüblicher Stelle vorzunehmen: 2003 Verlag Versicherungswirtschaft GmbH Jegliche Nutzung ohne die Quellenangabe in der vorstehenden Form berechtigt den Verlag Versicherungswirtschaft GmbH zum Schadenersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Satz Medienwerkstatt Kühn & Lang Karlsruhe Druck Druckerei Grässer Karlsruhe ISSN
3 Vorwort Das sog. Alles-oder-nichts-Prinzip ist mit Recht zum zentralen Bezugspunkt der aktuellen VVG-Reformdiskussion geworden. Dabei geht es um die wichtige Frage, welche Folgen ein vertragswidriges Verhalten des Versicherungsnehmers, also insbesondere die Verletzung von Obliegenheiten oder etwa die Herbeiführung des Versicherungsfalls, haben soll. Derzeit sieht das Gesetz bekanntlich vielfach noch eine rigorose Alternative zwischen ungeschmälerter Leistung bei Schuldlosigkeit ( alles ) und völliger Leistungsfreiheit schon bei leichtem Verschulden des Versicherungsnehmers ( nichts ) vor. Stieß dieses Prinzip wegen seiner Härte eigentlich seit jeher auf Bedenken, so wurden diese Bedenken im Rahmen der aktuellen Reformdiskussion zunehmend deutlicher artikuliert. Auch die VVG-Reformkommission hat in ihrem Zwischenbericht einen Vorschlag zu seiner Relativierung und Milderung erarbeitet. In seiner Arbeit knüpft der Verfasser an den aktuellen Diskussionsstand insofern an, als er die Leistungsfreiheit als prinzipiell unverzichtbare Sanktion bewertet, die indessen grundsätzlich nicht bei leichter Fahrlässigkeit, wohl aber bei Vorsatz eintreten soll. Danach geht es, und so auch im Kern der vorgelegten Arbeit, vor allem um sinnvolle Differenzierungen im problematischen Mittelfeld der groben Fahrlässigkeit, für die der Verfasser die Kausalität als maßgeblichen und praktikablen Anknüpfungspunkt vorschlägt und damit zugleich den bisher unterbreiteten Vorstellungen über eine (inpraktikable) Differenzierung nach weiteren Verschuldensstufen innerhalb der groben Fahrlässigkeit entschieden und überzeugend entgegentritt. Mit seiner unter konziser Aufbereitung des vorhandenen umfangreichen Materials sorgfältig erarbeiteten These leistet der Verfasser einen interessanten und wichtigen Beitrag zur WG-Reformdiskussion. Hamburg, im September 2003 Der Beirat Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens mbh
4 Inhaltsverzeichnis A. Einleitung 1 I. Die Problematik 1 II. Ziel und Gang der Untersuchung 2 B. Derzeitige Rechtslage 4 I. Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten ( 6 VVG) 4 1. Vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllende Obliegenheiten 4 a) Gefahrbezogene Obliegenheiten ( 6 Abs. 2 VVG) 4 b) Sonstige Obliegenheiten 5 2. Nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllende Obliegenheiten ( 6 Abs. 3 VVG) 5 II. Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ( VVG) 7 III. Gefahrerhöhung ( VVG) 7 IV. Verspätete Zahlung von Prämien ( 38, 39 VVG) 7 V. Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalls ( 61 VVG) 8 VI. Verletzung der Rettungsobliegenheit ( 62 Abs. 2 VVG) 9 VII. Unterlassung rechtzeitiger Veräußerungsanzeige ( 71 VVG) 9 C. Meinungsstand im Schrifttum 10 I. Argumente für das Alles-oder-nichts-Prinzip Berechtigte Belange des Versicherers Berechtigte Belange der Gefahrgemeinschaft Gesamtwirtschaftliche Belange Praktikabilität und Rechtssicherheit Streitvermeidung Angemessenheit der Ergebnisse 12 II. Argumente gegen das Alles-oder-nichts-Prinzip Verfassungsrechtliche Bedenken 12 a) Doppelbestrafung 13 b) Verstoß gegen das Übermaßverbot 13 c) Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot Unangemessene Härte Pönales Element als Fremdkörper im Privatrecht Bedürfnis nach flexiblen Lösungsmöglichkeiten Schutz des Vertrauens in die Rechtsprechung Stärkung des Vertrauens in die Leistungsbereitschaft der Versicherer Tendenz anderer europäischer Versicherungsvertragsrechte 15 V
5 VI III. Relativierungen Meinungsstand zu den Relativierungen des Alles-oder-nichts-Prinzips in der Rechtsprechung Angemessenheitsprüfung de lege lata 17 IV. Exkurs: Die Diskussion im Haftungs- und Schadensrecht Haftungsrecht 18 a) Grundsatz: Einheitlicher Verschuldensmaßstab 18 b) Abstufungen Schadensrecht 19 a) Die Bestimmung des alles 19 aa) Differenzhypothese 19 bb) Ausdehnungen (Kommerzialisierung; Frustration) 20 b) Abstufungen 20 aa) Quotelung gem. 254 BGB 20 bb) Rahmenrechte Reformvorschläge 22 a) Einschränkung der Ersatzpflicht bei ungewöhnlich hohen Schäden 22 b) Sozialisierung von Schäden durch Versicherungsschutz 23 c) Gescheiterte Reformprojekte Fazit 25 D. Reformvorschläge 26 I. Schrifttum Einbeziehung grober Fahrlässigkeit in den Versicherungsschutz Richterliche Angemessenheitskontrolle nach dem Modell von 3l5 oder 343 BGB Vertragsstrafe Prämienproportionale Kürzung der Leistung Leistungsfreiheit nur im Ausmaß der Nachteile Schadensersatzanspruch Abstufung nach der Schwere des Verschuldens 28 a) Abstufung im Bereich vorsätzlichen Handelns 28 b) Abstufung im Bereich grober Fahrlässigkeit 28 c) Abstufung in beiden Bereichen Abstufung nach den Umständen des Einzelfalls 29 II. Zwischenbericht der VVG-Reformkommission vom 30. Mai Übergreifende Grundsätze Folgerungen für die einzelnen Obliegenheitsverletzungen 30 a) Verletzung vertraglicher Obliegenheiten ( 6 VVG) 30 b) Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ( VVG) 31 c) Gefahrerhöhung ( VVG) 32 d) Verspätete Zahlung von Prämien ( 38, 39 VVG) 32
6 e) Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalls ( 61 VVG) 33 f) Unterlassung rechtzeitiger Veräußerungsanzeige ( 71 VVG) 33 E. Stellungnahme 35 I. Grobe Fahrlässigkeit als Mindestvoraussetzung einer (teilweisen oder völligen) Leistungsfreiheit Keine Ausdehnung auf einfache Fahrlässigkeit 35 a) Grundregeln 35 b) Ausnahme: Verschuldenserfordernis bei Nichtzahlung der Erstprämie Keine Einschränkung auf Vorsatz 39 II. Verschuldensabhängige Quotelung im Bereich grober Fahrlässigkeit Vorteile 39 a) Flexibilität 39 b) Abkehr von Pönalisierung 40 c) Erleichterung späterer europäischer Harmonisierung 41 aa) Rechtsvergleichender Überblick 41 bb) Folgerungen Nachteile 43 a) Abschwächung der Präventionswirkung 43 b) Verletzung des Interesses an bedarfsgerechter Prämienkalkulation 44 c) Faktische Wirkung als Selbstbehalt 44 d) Mangelnde Praktikabilität 45 aa) Gründe 45 bb) Vergleichsfälle 46 (1) Bemessung von Schmerzensgeld 46 (2) Herabsetzung einer Vertragsstrafe 47 (3) Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens 47 (4) Bemessung der Entschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung 48 cc) Bisherige Regulierungspraxis der Versicherer 48 dd) Die Parallelregelung in Art. 14 Abs. 2 des schweizerischen VVG 49 (1) Diskussion im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren 49 (2) Schrifttum 50 (3) Rechtsprechung 51 (4) Abweichende Vertragsgestaltung 52 ee) Fazit Einbeziehung weiterer Kriterien in die Quotelung 53 a) Bedeutung der verletzten Obliegenheit 54 b) Grad der Ursächlichkeit 54 VII
7 c) Höhe des eingetretenen Schadens 55 d) Bisheriger Verlauf des Versicherungsverhältnisses 56 e) Verhalten des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls 57 f) Wirtschaftliche Verhältnisse des Versicherungsnehmers 57 aa) Diskussion in der Schweiz 57 bb) Diskussion in Deutschland 57 cc) Stellungnahme Zwischenergebnis 59 III. Alternativen zur Quotelung Vertragsstrafe Schadensersatzanspruch Fixe Kürzung des Leistungsanspruchs Prämienproportionale Kürzung des Leistungsanspruchs 63 a) Inhalt 63 b) Einwände 63 aa) Berechnungsprobleme 63 bb) Gebot bedarfsgerechten Versicherungsschutzes 63 IV. Eigener Lösungsvorschlag Kausalitätserfordernis auch für den Umfang der Leistungsfreiheit 64 a) Grundsatz 64 b) Anwendung auf die Fallgruppen 66 aa) Verletzung vertraglicher Obliegenheiten ( 6 VVG) 66 bb) Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ( VVG) 68 cc) Gefahrerhöhung ( VVG) 68 dd) Verspätete Zahlung von Prämien ( 38, 39 VVG) 68 ee) Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalls ( 61 VVG) 68 VIII ff) Verletzung der Rettungsobliegenheit ( 62 Abs. 2 VVG) 69 gg) Unterlassung rechtzeitiger Veräußerungsanzeige ( 71 VVG) Strenge Anforderungen an grobe Fahrlässigkeit 70 a) Grundregeln 70 b) Anwendungsbeispiele 71 aa) Rotlichtverstoß in der Kfz-Kaskoversicherung 71 bb) Verlassen der Wohnung in der Hausratversicherung Fazit 72 V. Folgerungen für vorsätzliche Vertragsverletzungen Kausalitätsabhängige Leistungsfreiheit bei fehlendem Benachteiligungsvorsatz Volle Leistungsfreiheit bei Benachteiligungsvorsatz 74
8 VI. Verteilung der Beweislast Beweislast für Kausalität Beweislast für Verschulden 76 a) Obliegenheitsverletzungen 76 b) Herbeiführung des Versicherungsfalls 77 VII. Belehrungserfordernis 77 VIII. Folgerungen für die Vertragsgestaltung 78 F. Ausblick 79 I. Rechtssicherheit und richterliche Wertungsspielräume 79 I. Konvergenz der europäischen Regelungen Harmonisierung des Versicherungsvertragsrechts in Europa Das Konzept der Leistungsfreiheit nach deutschem Recht im Wettbewerb der Rechtsordnungen 81 G. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 82 I. System 82 II. Einzelthesen Grundlagen Abstufungen der Leistungsfreiheit Beweislast 83 Literaturverzeichnis 85 IX
Inhaltsverzeichnis VII
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