Grundlagen der Regelungstechnik
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- Matthias Ackermann
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1 Grundlagen der Regelungstechnik Dr.-Ing. Georg von Wichert Siemens AG, Corporate Technology, München Wiederholung vom letzten Mal
2 Einführung Regelungstechnik: Lehre von der gezielten Beeinflussung dynamischer Systeme Gezielte Beeinflussung! Die Regelgröße soll einen von uns bestimmten Wert annehmen Beeinflussung über Stellgröße Zwei Möglichkeiten Steuerung Regelung Störgröße Stellgröße Dynamisches System Regelgröße Steuerung vs. Regelung Steuerung: Offener Kreis Englisch: Open Loop Control Störgröße Sollgröße Steuerung Stellgröße Dynamisches System Regelgröße Regelung: Geschlossener Kreis Englisch: Closed Loop Control Störgröße Sollgröße + - Regler Stellgröße Dynamisches System Regelgröße
3 Regelungstechnik - Dynamische Systeme Regelungstechnik beschäftigt sich mit dynamischen Systemen Der Prozess ist immer ein dynamisches System Der Regler ist (fast) immer ein dynamisches System Der geschlossene Regelkreis ist ein dynamisches System Störgröße Sollgröße + - Regler Stellgröße Prozess Regelgröße Modellierung dynamischer Systeme Dynamisches System: System, das einer zeitlichen Änderung unterliegt Wie beschreibt man ein dynamisches System? Differentialgleichung Aufstellen der Systemgleichnungen Physikalische Zusammenhänge Beispiel: Segelboot in laminarer Strömung Masse: m Antriebskraft: f S Reibungskraft: f W = r v mv& ( t) = fs ( t) rv( t) 1 v& ( t) + v( t) f ( t) m = r f S r s f W m
4 Dynamische Systeme: Behandlung im Zeitbereich vs. Frequenzbereich Problem im Zeitbereich Beschreibung im Frequenzbereich Algebr. Lösung Lösung der DGL Lösung im Zeitbereich Laplace-Hintransformation Laplace-Rücktransformation Lösung im Frequenzbereich Laplace-Transformation Hin: Rück: Ähnlich Fourier-Transformation zusätzlich Dämpfungsterm Existiert auch für Funktionen deren Fouriertransformierte nicht existiert Rücktransformation schwierig (Integration über komplexe Variable, Funktionentheorie) In der Praxis verwendet man Korrespondenztabellen (z.b. im Bronstein)
5 Linearitätssatz Wichtige Eigenschaften der Laplacetransformation Differentiationssatz Integrationssatz Verzögerungsglied 1. Ordnung (PT 1 ) Differentialgleichung T y& ( t) + y( t) = Kx( t) Übertragungsfunktion K G( s) = (1 + Ts) Sprungantwort t T h( t) = K(1 e ) K : T : Verstärkung Zeitkonstante (Anstiegszeit) Sprungantwort
6 Heutiges Thema: Charakterisierung des Verhaltens dynamischer Systeme Lineare Systeme als Übertragungsglieder Abstraktion vom physikalischen System Verhalten des Systems gegeben durch Differentialgleichung im Zeitbereich Eingang x(t) Dynamisches System DGL Ausgang y(t) Lineare dynamische Systeme als Übertragungsglieder Verhalten des Systems gegeben durch Übertragungsfunktion im Frequenzbereich Bildet Eingangssignal auf Ausgangsignal ab Eingang x(t) Übertragungssglied G(s) Ausgang y(t) Betrachtung der Übertragungsfunktion G(s)
7 Lineare Systeme als Übertragungsglieder Eingang x(t) Übertragungssglied G(s) Ausgang y(t) Berechnung der Systemantwort im Frequenzbereich Multiplikation des transformierten Eingangssignals mit der Übertragungsfunktion Lineare Systeme als Übertragungsglieder Berechnung der Systemantwort im Zeitbereich Lösen der DGL Faltung des Eingangssignals mit der Rücktransformierten der Übertragungsfunktion
8 Lineare Systeme als Übertragungsglieder Impulsantwort g(t) Impulsfunktion (Dirac-Impuls): Die Impulsantwort ist die Rücktransformierte der Übertragungsfunktion Beispiel: 1 PT 1 1 t t Lineare Systeme als Übertragungsglieder Sprungantwort h(t) Sprungfunktion: Beispiel: 1 PT 1 1 t t
9 Verzögerungsglied 1. Ordnung (PT 1 ) Differentialgleichung T y& ( t) + y( t) = Kx( t) Übertragungsfunktion K G( s) = (1 + Ts) Sprungantwort t T h( t) = K(1 e ) K : T : Verstärkung Zeitkonstante (Anstiegszeit) Sprungantwort Sprung- und Impulsantwort Sprungantwort und Impulsantwort charakterisieren das Systemverhalten Sprung und Impuls haben keine eigenen Parameter Sprungfunktion: Impulsfunktion (Dirac-Impuls): Systemidentifikation über Sprungantwort Idealer Impuls nicht realisierbar Impulsantwort ist die Ableitung der Sprungantwort wegen S
10 Sprung- und Impulsantwort Die Impulsantwort g(t) des Systems ist die Rücktransformierte der Übertragungsfunktion G(s) Berechnung der Systemantwort im Zeitbereich Lösen der DGL Faltung des Eingangssignals mit der Impulsantwort Reihenschaltung x(t) G 1 (s) y 1 (t) G 2 (s) y 2 (t) x(t) G 1 (s) G 2 (s) y 2 (t)
11 Blockschaltbildumformung x 1 (t) G 1 (s) x 2 (t) + G 2 (s) G 3 (s) y(t) x 1 (t) G 1 (s)/g 2 (s) x 2 (t) + G 2 (s) G 3 (s) y(t) Neues Beispiel! Bootsbeispiel: Differentialgleichung 1. Ordnung Neues Beispiel: Kfz-Federung F c r m x
12 Aufstellen der Systemgleichungen f c r m x Kräftegleichgewicht: Umsortieren: Aufstellen der Systemgleichungen f c r m x Laplace-Transformation
13 Aufstellen der Systemgleichungen f c r m x Ausklammern von X(s): Bestimmung der Übertragungsfunktion f c r m x Übertragungsfunktion:
14 Übertragungsfunktion der Federung Differentialgleichung 2. Ordnung Nenner der Übertragungsfunktion: Quadratisches Polynom in s Differentialgleichung: Übertragungsfunktion: Verallgemeinerung: Verzögerungsglied 2. Ordnung (PT 2 ) Standardform Verstärkung K Zeitkonstante T Dämpfung d c r m x f
15 Verzögerungsglied 2. Ordnung (PT 2 ) Darstellung als Reihenschaltung zweier PT 1 -Glieder Zeitkonstanten T 1 und T 2 : PT 2 als Reihenschaltung zweier PT 1 - Glieder pq-formel
16 PT 2 als Reihenschaltung zweier PT 1 - Glieder Reelle Lösungen für d>1 Reihenschaltung zweier PT 1 -Glieder T 1 =T 2 =T für d = 1 Reihenschaltung zweier gleicher PT 1 -Glieder Fall 1 Fall 3 Komplexe Lösungen für d< 1 Keine einfache Reihenschaltung! Fall 2 1. Fall: Dämpfung d 1 Sprungantwort: Aperiodischer Fall
17 1. Fall: Dämpfung d 1 Step Response 1.2 d=1 1 Amplitude d=2 d=1, Time (sec) PT 2 als Reihenschaltung zweier PT 1 - Glieder Reelle Lösungen für d>1 Reihenschaltung zweier PT 1 -Glieder T 1 =T 2 =T für d = 1 Reihenschaltung zweier gleicher PT 1 -Glieder Fall 1 Fall 3 Komplexe Lösungen für d< 1 Keine einfache Reihenschaltung! Fall 2
18 2.Fall: Dämpfung d < 1 Sprungantwort : 2.Fall: Dämpfung d < 1 Sprungantwort : Periodischer Fall Abklingende Schwingung für d > 0
19 2.Fall: Dämpfung d < d=0,3 Step Response d=0,5 1 Amplitude d=0, Time (sec) PT 2 als Reihenschaltung zweier PT 1 - Glieder Reelle Lösungen für d>1 Reihenschaltung zweier PT 1 -Glieder T 1 =T 2 =T für d = 1 Reihenschaltung zweier gleicher PT 1 -Glieder Fall 1 Fall 3 Komplexe Lösungen für d< 1 Keine einfache Reihenschaltung! Fall 2
20 3. Fall: Dämpfung d = 1 Sprungantwort : Aperiodischer Grenzfall Bei geringerer Dämpfung beginnt das System zu schwingen 3. Fall: Dämpfung d = 1 Step Response Amplitude Time (sec)
21 Übertragungsglieder Übertragungsglied bildet Eingangsgröße auf Ausgangsgröße ab Übertragungsglieder werden nach ihrem Übertragungsverhalten klassifiziert. Bisher: PT 1 -Glied: Differentialgleichung 1. Ordnung (Bootsbeispiel) PT 2 -Glied: Differentialgleichung 2. Ordnung (Federung) Lineare Übertragungsglieder Besonders relevant: Lineare Übertragungsglieder Superpositionsprinzip Verstärkungsprinzip Kombiniert
22 Elementare Übertragungsglieder Weitere elementare Übertragungsglieder bilden einen Baukasten für komplexere Strecken Quelle: O. Föllinger, Regelungstechnik Quelle: O. Föllinger, Regelungstechnik
23 Quelle: O. Föllinger, Regelungstechnik Frequenzbereich und Zeitbereich Zurück zum PT2-Glied: Polstellen (und Nullstellen) der Übertragungsfunktion im Frequenzbereich bestimmen maßgeblich das Einschwingverhalten im Zeitbereich Beobachtung: Reelle Pole führen zu einem nicht schwingenden exponentiellen Verlauf Komplexe Polpaare führen zu exponentiell modulierten Schwingungen
24 Übertragungsfunktion und Differentialgleichung Allgemeine Form einer linearen DGL m n wegen Kausalität Zustände und Ausgangsgrößen eines Systems hängen nur von früheren Zuständen und Eingangsgrößen ab System kann nicht in die Zukunft sehen Übertragungsfunktion und Differentialgleichung Übergang in den Frequenzbereich Allgemeine Form der Übertragungsfunktion
25 Übertragungsfunktion und Systemeigenschaften Die Parameter der Übertragungsfunktion (also a i und b j ) bestimmen das Systemverhalten Erinnerung: Wir hatten beim PT 2 -Glied beobachtet, dass man aus der Lage der Polstellen auf das Einschwingverhalten schließen kann. Vermutung: Auch die Nullstellen sind wichtig Übertragungsfunktion: Pole und Nullstellen Andere Darstellung für G(s): Faktorisierung
26 Übertragungsfunktion: Pole und Nullstellen s 0i s i : Nullstellen der Übertragungsfunktion : Polstellen der Übertragungsfunktion Charakteristische Gleichung: Übertragungsfunktion: Visualisierung Übertragungsfunktion G(s) ist eine komplex-wertige Funktion der komplexen Variablen s=σ+jω Sogenannte s-ebene Für Visualisierungen wichtig Wird aufgespannt von Re{s}=σ und Im{s}=jω Im{s}=jω s s arg(s) Re{s}=σ Eine komplexe Zahl s ist ein Punkt in der s-ebene gegeben durch: Real- und Imaginärteil Betrag (Amplitude) s und Phase arg(s)
27 Übertragungsfunktion: Betrag Polstellen Nullstelle Quelle: Schumacher/Leonhard, Grundlagen der Regelungstechnik Frequenzkennlinien Frequenzgang: G(s) für σ=0, d.h. s = σ + j ω = j ω Amplitudengang Stationäres Verhalten bei Anregung mit einer reinen Sinusschwingung der Frequenz ω Verlauf der Verstärkung des Eingangssignals in Abhängigkeit der Frequenz ω Vergleich: Equalizer
28 Übertragungsfunktion: Amplitudengang Quelle: Schumacher/Leonhard, Grundlagen der Regelungstechnik Frequenzkennlinien Frequenzgang: G(s) für σ=0, d.h. s = σ + j ω = j ω Amplitudengang Verlauf der Verstärkung in Abhängigkeit der Frequenz ω Phasengang Verlauf der Phasenverschiebung in Abhängigkeit der Frequenz ω Bode-Diagramm: logarithmische Darstellung von Amplitude und Phase
29 Bodediagramm (PT 2 ) Phase (deg) Magnitude (db) Bode Diagram Eigenfrequenz = 1/T Frequency (rad/sec) Frequenzkennlinien Frequenzgang: G(s) für σ=0, d.h. s = σ + j ω = j ω Amplitudengang Verlauf der Verstärkung in Abhängigkeit der Frequenz ω Phasengang Verlauf der Phasenverschiebung in Abhängigkeit der Frequenz ω Bode-Diagramm: logarithmische Darstellung von Amplitude und Phase Ortskurve (Nyqist Diagramm) Verlauf des Orts von G(jω) in der s-ebene
30 Ortskurve (des offenen Kreises) Weg des Orts von G(jω) in der s-ebene für ω [-, ] Matlab: Nyquist-Diagramm Imaginary Axis Nyquist Diagram ω = ± ω = Real Axis Frequenzkennlinien Bodediagramm und Ortskurve sind Visualisierungen des Systemverhaltens Erlauben die Beurteilung des Systems Reglerentwurf
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