3. Wie begründet sich nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung, nach der bei einem Arbeitslosen die Dauer der Arbeitslosigkeit neu gemessen



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Deutscher Bundestag Drucksache 18/5757 18. Wahlperiode 12.08.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 18/5662 Statistische Erfassung der Langzeitarbeitslosigkeit Vorbemerkung der Fragesteller Verschiedene Sonderregelungen sorgen dafür, dass längst nicht alle Arbeitslosen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, in der offiziellen Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit als Langzeitarbeitslose geführt werden. Das führt zu einer statistischen Unterzeichnung des Problems. Ursächlich dafür sind vor allem die sogenannten schädlichen Unterbrechungen, nach denen die Dauer der Arbeitslosigkeit immer wieder neu gemessen wird. Aber auch 53a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) führt dazu, dass über 58-jährige Arbeitsuchende nicht mehr als arbeitslos gelten, wenn sie länger als ein Jahr Arbeitslosengeld II beziehen, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde. 1. Wie begründet sich nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung, nach der bei einem Arbeitslosen, der an einer Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik teilgenommen hat (ausgenommen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung), dass nach Abschluss der Maßnahme die Dauer der Arbeitslosigkeit neu gemessen wird, obwohl er vor und nach der Maßnahme nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und im Leistungsbezug war? 2. Wie begründet sich nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung, nach der bei einem Arbeitslosen, der für mehr als sechs Wochen nichterwerbstätig abgemeldet oder arbeitsunfähig war, dass nach Abschluss dieser Phase die Dauer der Arbeitslosigkeit neu gemessen wird, selbst wenn er vor und nach dieser Phase nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und im Leistungsbezug war? 3. Wie begründet sich nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung, nach der bei einem Arbeitslosen die Dauer der Arbeitslosigkeit neu gemessen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. August 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.

Drucksache 18/5757 2 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode wird, auch wenn er nur einen einzigen Tag gefördert oder ungefördert eine Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden ausgeübt hat? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Ausgangspunkt für die statistische Erfassung ist die Definition der Arbeitslosigkeit. Die Resolutionen der Internationalen Arbeitsorganisation (z. B. Resolution concerning statistics of the economically active population, employment, unemployment and underemployment Nummer 10 Absatz 1), die Verordnungen der Europäischen Union und das Sozialgesetzbuch ( 16 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch SGB III) in Deutschland definieren drei Kriterien für die Arbeitslosigkeit: Die betroffenen Personen müssen ohne Arbeit sein, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und Arbeit suchen. Das SGB III konkretisiert dies in 16 Absatz 1 SGB III wie folgt: Arbeitslose sind Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld 1. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, 2. eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stehen und 3. sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. Im Absatz 2 heißt es dann außerdem: Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gelten als nicht arbeitslos. Langzeitarbeitslos ist nach 18 Absatz 1 SGB III, wer ein Jahr und länger arbeitslos ist. Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zählen somit in der Regel unabhängig von ihrem Status vor Aufnahme und nach Abschluss der Maßnahme nicht zum Personenkreis der Arbeitslosen. Dies ist darin begründet, dass wegen der umfangreichen zeitlichen Einbindung in die jeweilige Maßnahme nicht von einer uneingeschränkten Verfügbarkeit ausgegangen werden kann und damit eine entscheidende Voraussetzung zur Zählung als arbeitslos nicht gegeben ist. Das Kriterium der Verfügbarkeit spielt deshalb auch bei Bestimmung der Dauer der Arbeitslosigkeit beziehungsweise Langzeitarbeitslosigkeit eine Rolle: Soweit die Arbeitslosigkeit aufgrund des Beginns einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme unterbrochen wird, ist es nach Auffassung der Bundesregierung gerechtfertigt, dass aufgrund der dauerhaften Einschränkung der Verfügbarkeit die Dauermessung nicht fortgeführt wird, es sich also um eine sogenannte schädliche Unterbrechung der Arbeitslosigkeit handelt. Würde man einer strikten Stock-Flow-Logik folgen, müsste jeder Abgang die Arbeitslosigkeitsperiode endgültig beenden, so dass bei einem erneuten Zugang die Dauermessung von vorne beginnt. Von dieser Logik wird im statistischen Messkonzept abgewichen, denn bei bestimmten Unterbrechungen wie Abgängen in Aktivierungsmaßnahmen sowie Erkrankungen und sonstigen Abgängen in Nichterwerbstätigkeit, die sechs Wochen nicht überschreiten, wird für die Zeit der (unschädlichen) Unterbrechung die Arbeitslosigkeit zwar beendet, bei einem erneuten Zugang wird jedoch keine neue Arbeitslosigkeitsperiode im Sinne der Dauerberechnung begonnen. Alle anderen Abgänge beenden die Arbeitslosigkeit auch hinsichtlich der Dauermessung und führen bei einem erneuten Zugang zu einem neuen Beginn der Dauermessung. Dieses Messkonzept galt schon zu Zeiten der Vorgängerregelung des SGB III, im Arbeitsförderungsgesetz. Die Beschränkung der unschädlichen Unterbrechungstatbestände auf die genannten Abgangsgründe hat den Grund, dass diese Tatbestände das Gros der kurzfristigen Unterbrechungen erfassen. Durch ihre Berücksichtigung wird ein zusammenhängender Zeitraum der Arbeitslosigkeit konstruiert, der nicht durch

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 3 Drucksache 18/5757 kurze, eher technische Unterbrechungen auseinandergerissen wird. Die Festlegung einer Grenze von sechs Wochen maximaler Unterbrechungszeit wie sie in Frage 2 hinterfragt wird hat die gesetzlichen Regelungen zur Wirkung der Arbeitslosmeldung (nach 141 Absatz 2 Nummer 1 SGB III) und der Leistungsfortzahlung (nach 146 Absatz 1 SGB III) berücksichtigt, die diesen Zeitraum der Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne zurechnen. Die Ausnahme mit Blick auf die Teilnahme an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung ist auch deshalb gerechtfertigt, als diese zum Teil unmittelbar in Verbindung mit einer Arbeitsaufnahme stehen. Schließlich endet mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Wochenstunden auf jeden Fall die Fiktion der Beschäftigungslosigkeit ( 138 Absatz 3 SGB III), so dass die betroffene Person nicht mehr als arbeitslos gilt. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beginnt unabhängig von dessen Dauer eine neue Phase der Arbeitslosigkeit. Die Zahl der Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen in der gegenwärtig statistisch gemessenen Form ist ein einfaches und verständliches Maß zur Darstellung der Situation des allgemeinen Arbeitsmarktes. Sie bildet insbesondere die konjunkturelle Entwicklung des Arbeitsmarktes verlässlich ab und ist für den Vergleich verschiedener Zeiträume gut geeignet. Für vertiefte Analysen insbesondere im Hinblick auf bestimmte Personengruppen können zudem auch andere Indikatoren herangezogen werden: So bildet die Statistik der Bundesagentur für Arbeit regelmäßig im Rahmen der Berichterstattung über die Unterbeschäftigung die Entlastung durch Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik ab. In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch die Personen erfasst, die nicht als arbeitslos im Sinne des Sozialgesetzbuches gelten, weil sie Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Maßnahme der Arbeitsmarktpolitik oder in einem arbeitsmarktbedingten Sonderstatus sind. Mit Blick auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende wird vor dem Hintergrund, dass es sich um eine äußerst heterogene Gruppe handelt im Schwerpunkt über die Zahl der Leistungsberechtigten oder Langzeitleistungsberechtigten berichtet. 4. Wir begründet sich nach Ansicht der Bundesregierung die Regelung des 53a SGB II, die dazu führt, dass über 58-jährige Arbeitsuchende nicht mehr als arbeitslos gelten, wenn sie länger als ein Jahr Arbeitslosengeld II beziehen, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde? Nach 53a Absatz 2 SGB II gelten Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -bezieher, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, dann nicht als arbeitslos, wenn ihnen in diesem Zeitraum keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten worden ist. Der Gesetzgeber ging im Jahr 2007 bei der Einführung dieser Regelung davon aus, dass der Regelung in 16 SGB III, nach der Personen den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stehen müssen, um als arbeitslos zu gelten, entscheidende Bedeutung zukommt. Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres ein Jahr lang kein Angebot einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erhalten haben, kann angenommen werden, dass ihre Integrationschancen eingeschränkt bleiben und sie nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen können, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Sie stehen damit zwar nicht erklärtermaßen, aber faktisch der Arbeitsvermittlung nur begrenzt zur Verfügung. Mit der neuen Regelung sollte jedoch keinesfalls eine unverzügliche Vermittlung der 58-Jährigen und Älteren in Arbeit oder in Arbeitsgelegenheiten ausgeschlossen werden. Vielmehr wurde gesetzlich klargestellt, dass erwerbsfähige Leistungsberech-

Drucksache 18/5757 4 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode tigte, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, unverzüglich in Arbeit zu vermitteln sind ( 3 Absatz 2a SGB II). 5. Wie viele Langzeitarbeitslose sind im Jahr 2014 a) insgesamt, b) in Erwerbstätigkeit (bitte nach Beschäftigung am ersten und zweiten Arbeitsmarkt und nach sonstiger Erwerbstätigkeit unterscheiden), c) in Ausbildung und sonstigen Maßnahmeteilnahmen (ausgenommen Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung), d) in Nichterwerbstätigkeit (bitte nach Arbeitsunfähigkeit, fehlende Verfügbarkeit bzw. Mitwirkung und sonstige Nichterwerbstätigkeit unterscheiden), e) wegen sonstiger Gründe bzw. keinen Angaben abgegangen, und in wie vielen der in den Fragen 5a bis 5e genannten Abgangsgründen handelte es sich jeweils nur um Unterbrechungen, da die Personen im Anschluss wieder arbeitslos gemeldet waren (sollten keine Daten für das Jahr 2014 vorliegen, bitte den aktuellsten Sachstand darstellen)? Im Jahr 2014 haben rund 1 473 700 Personen ihre Langzeitarbeitslosigkeit beendet. In der Unterscheidung nach den gefragten Abgangsgründen mündeten von den Langzeitarbeitslosen etwa 265 300 in Erwerbstätigkeit, rund 299 600 in Ausbildung und sonstiger Maßnahmeteilnahme, rund 801 300 in Nichterwerbstätigkeit (zu mehr als der Hälfte Arbeitsunfähigkeit) und rund 107 500 in Sonstiges bzw. Keine Angabe. Eine Differenzierung der Maßnahmeteilnahmen (und damit beispielsweise der Ausweis von Abgängen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung) kann aus dieser Statistik nicht geleistet werden. Tabelle: Abgang aus Arbeitslosigkeit von Langzeitarbeitslosen und Zugang von Langzeitarbeitslosen Deutschland (Gebietsstand Juli 2015) Jahressumme 2014 Abgangsstruktur Abgang aus Arbeitslosigkeit von Langzeitarbeitslosen Jahressumme 2014 Zugang in Arbeitslosigkeit als Langzeitarbeitsloser 1 2 Insgesamt 1.473.651 736.362 dav. Erw erbstätigkeit 265.255 x dav. Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt 185.233 x Beschäftigung am 2. Arbeitsmarkt 63.762 x Sonstige Erw erbstätigkeit 16.260 x dav. Selbständigkeit 14.021 x Wehr-/Freiw illigen-/zivildienst 2.239 x Ausbildung u. sonst. Maßnahmeteilnahme 299.597 187.504 dav. Schule/Studium/schul. Berufsausb. 6.577 x betriebliche / außerbetriebliche Ausbildung 6.040 x Sonstige Ausbildung/Maßnahme 286.980 187.417 Nichterw erbstätigkeit 801.286 531.200 dav. Arbeitsunfähigkeit 535.399 483.344 Fehlende Verfügbark./Mitw irkung 164.359 47.521 Sonstige Nichterw erbstätigkeit 101.528 335 Sonstiges/Keine Angabe 107.513 16.827 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Aus der Arbeitslosenstatistik kann näherungsweise abgeleitet werden, wie viele Personen sich nach einer unschädlichen Unterbrechung wieder arbeitslos melden. Diese Auswertung ist über die Zahl der Zugänge in Arbeitslosigkeit mög-

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 5 Drucksache 18/5757 lich. So wurden im Jahr 2014 insgesamt etwa 736 400 Zugänge in Arbeitslosigkeit gezählt, die eine Dauer von mehr als zwölf Monaten Arbeitslosigkeit mitbringen. Diese Zugänge können auch den Zugangsgründen zugeordnet werden. Da bei Unterbrechungsfällen jedem Zugang ein Abgang vorausgegangen sein muss, kann man näherungsweise für die Jahressumme die Unterbrechungsfälle, die über den Zugang ermittelt werden, gleichsetzen mit den Unterbrechern des Abgangs. So kann man näherungsweise sagen, dass von den rund 801 300 Personen, die aus Langzeitarbeitslosigkeit in Nichterwerbstätigkeit abgegangen sind, etwa 531 200 nach einer Unterbrechung wieder als Arbeitslose zugegangen sind. Die Angaben können der oben stehenden Tabelle entnommen werden. Die Feststellung, wie häufig nach einem schädlichen Abgang aus Arbeitslosigkeit, also zum Beispiel nach einer Beschäftigungsaufnahme oder einer Weiterbildungsmaßnahme, nach einer kurzen Unterbrechung ein erneuter Zugang in Arbeitslosigkeit erfolgt, ist in der Arbeitslosenstatistik nicht möglich. 6. Wie viele vorher Langzeitarbeitslose haben im Jahr 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung eine geförderte oder ungeförderte Beschäftigung ausgeübt, die a) weniger als zehntage, b) weniger als zwei Monate bzw. c) weniger als sechs Monate andauerte, und sind im Anschluss daran wieder arbeitslos gewesen? Hierzu liegen der Bundesregierung aus der amtlichen Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit keine Erkenntnisse vor. 7. Wie viele Personen fallen aktuell unter die Regelung des 53a SGB II und sind deswegen nicht als Langzeitarbeitslose in der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit geführt? Im Juli 2015 fielen 165 500 Personen unter die Regelung des 53a SGB II. Ohne die Regelung des 53a SGB II wären sie aber nicht zwangsläufig langzeitarbeitslos. 8. Welche Gründe hat die Diskrepanz zwischen 18 Absatz 1 SGB III, der die Langzeitarbeitslosigkeit definiert und der statistischen Zählung zugrunde liegt, und dem 18 Absatz 2 SGB III, der für Förderungen, die Langzeitarbeitslosigkeit voraussetzen, unschädliche Unterbrechungen definiert? Die beiden angesprochenen Regelungen dienen unterschiedlichen Zwecken. 18 Absatz 2 SGB III stellt auf förderrechtliche Entscheidungen ab, die eine Langzeitarbeitslosigkeit voraussetzen. In diesem Fall ist es sinnvoll, eine großzügigere Unterbrechungslogik zu wählen und damit in jedem Einzelfall angemessen und mit vertretbarem administrativem Aufwand entscheiden zu können. Dahinter steht das Ziel, dass eine besondere Förderung auch in den Fällen angezeigt ist und ermöglicht werden sollte, in denen keine zusammenhängende Arbeitslosigkeitsperiode, sondern eher sogenannte perforierte Arbeitslosigkeit oder Mehrfacharbeitslosigkeit vorliegt. Eine statistische Messregel muss dagegen zwangsläufig standardisiert erfolgen und kann dem Einzelfall nicht Rechnung tragen.

Drucksache 18/5757 6 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 9. Wie hoch war im Jahr 2014 der Anteil Langzeiterwerbsloser an allen Erwerbslosen nach dem für internationale Vergleiche herangezogenen Konzept der International Labour Organisation (ILO) im Vergleich zum Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen auf Basis der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit, und welche Rolle spielen bei der möglichen Differenz der Werte nach Auffassung der Bundesregierung die schädlichen Unterbrechungen? Im Jahr 2014 lag der Anteil der Langzeiterwerbslosen an allen Erwerbslosen laut der ILO-Erwerbsstatistik bei 44 Prozent, im Vergleich zu einem Langzeitarbeitslosenanteil von 37 Prozent an den registrierten Arbeitslosen. Langzeiterwerbslose sind in der ILO-Erwerbsstatistik Erwerbslose, die zwölf Monate und länger Arbeit gesucht haben und in dieser Zeit keiner Erwerbstätigkeit (über einer Wochenstunde) nachgegangen sind. Ermittelt werden die Dauer der Arbeitsuche und die letzte Erwerbstätigkeit über Befragungen von Personen, die aus ihrer Erinnerung heraus den Zeitraum der Arbeitsuche und die letzte Erwerbstätigkeit rekonstruieren. Die Verfügbarkeit während der Arbeitsuche dürfte dabei nicht einheitlich beurteilt werden, so dass teilweise auch die Arbeitsuche während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme, der Betreuung von Kindern oder einer längeren Krankheit berücksichtigt wird. Es ist auch zu vermuten, dass Unterbrechungen der aktiven Arbeitsuche in diesem Gesamtzeitraum erfasst werden. Im Gegensatz dazu misst die BA-Statistik die Dauern der Arbeitslosigkeit taggenau auf Basis der Eintragungen in den operativen Vermittlungssystemen. Eine Phase der Arbeitslosigkeit liegt nur dann vor, wenn alle drei Arbeitslosigkeitskriterien erfüllt sind: Beschäftigungslosigkeit, Arbeitsuche und Verfügbarkeit mit Ausnahme der unschädlichen Unterbrechungen. Angesichts dieser Sachlage sieht sich die Bundesregierung nicht in der Lage zu konkretisieren, welche Rolle die für Ermittlung der Langzeitarbeitslosigkeit der BA-Statistik berücksichtigen schädlichen Unterbrechungen für die dargestellte Differenz spielen. 10. Plant die Bundesregierung eine Änderung oder Abschaffung der schädlichen Unterbrechungen, z. B. indem 18 Absatz 2 SGB III auch für die Bestimmung der Langzeitarbeitslosigkeit in der Statistik herangezogen wird? Wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht? Bezug nehmend auf die Antwort zu Frage 8 plant die Bundesregierung keine Änderung oder Abschaffung der schädlichen Unterbrechungen, etwa in Form der Übernahme der Regelungen des 18 Absatz 2 SGB III für die statistische Messung. Entscheidend ist, dass eine statistische Messregel anders als zum Zweck förderrechtlicher Entscheidungen zwangsläufig standardisiert erfolgen muss und dem Einzelfall nicht Rechnung tragen kann. Zudem sind die Unterbrechungstatbestände im 18 Absatz 2 SGB III sehr weit gefasst, so dass die statistisch notwendige Sicht auf zusammenhängende Arbeitslosigkeitsperioden nicht mehr gewährleistet wäre. Zum Beispiel kann nach 18 Absatz 2 SGB III eine mehrjährige Unterbrechung wegen Kinderbetreuung in einer zusammengehörigen Arbeitslosigkeitsperiode gezählt werden.

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 7 Drucksache 18/5757 11. Plant die Bundesregierung eine Änderung bzw. Abschaffung des 53a SGB II, und wenn ja, was sind die konkreten Absichten der Bundesregierung? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung teilt weiterhin die Einschätzung des Gesetzgebers aus dem Jahr 2007, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres ein Jahr lang kein Angebot einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erhalten haben, faktisch der Arbeitsvermittlung nur begrenzt zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund plant die Bundesregierung gegenwärtig keine gesetzliche Änderung mit Blick auf 53a SGB II.

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