Deutscher Bundestag Drucksache 17/13597 17. Wahlperiode 21. 05. 2013 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Kipping, Diana Golze, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 17/13234 Mögliche Datenschutzprobleme im Rechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch Vorbemerkung der Fragesteller InderVergangenheithäufensichdieBeschwerdenvonBürgerinnenundBürgernbezüglichderEinhaltungdatenschutzrechtlicherVorschriftenimRechtsbereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Vorbemerkung der Bundesregierung Gemäß 35desErstenBuchesSozialgesetzbuch (SGBI)müssenLeistungsträgernachdemSozialgesetzbuchdasSozialgeheimniswahren.Siedürfen SozialdateneinesBetroffenennichtunbefugterheben,verarbeitenodernutzen. AufgrunddesverfassungsrechtlichundeinfachgesetzlichausgeprägtenVerbots miterlaubnisvorbehaltistdieerhebung,verarbeitungundnutzungvonsozialdatennurrechtmäßig,soweiteinegesetzlichevorschriftdessozialgesetzbuches diese vorsieht oder der Betroffene wirksam einwilligt. DasBundesministeriumfürArbeitundSoziales (BMAS)unddieBundesagenturfürArbeit (BA)führenkeineStatistikzuVerstößengegendiedatenschutzrechtlichengesetzlichenVorgabenimBereichdesSGBII.DieBundesregierungerhältKenntnisüberermittelteoderangezeigteVerstößegegendatenschutzrechtlicheVorgabenvorwiegendimWegederRechts-undFachaufsicht desbmasüberdiebasowieimwegederrechtsaufsichtüberdiegemeinsameneinrichtungen (ge).darüberhinausliegendembmasimrahmenseinerzuständigkeitfürdieahndungundverfolgungvondatenschutzrechtlichen OrdnungswidrigkeitenInformationenübereinzelnedatenschutzrechtlicheVerstöße in ge vor. Gemäß 48SGBIIobliegtdieAufsichtüberdiezugelassenenkommunalen Träger (zkt)denzuständigenlandesbehörden.zudemunterliegensiederkontrollederlandesdatenschutzbeauftragten.erkenntnisseüberdatenschutzverstöße in zkt liegen der Bundesregierung daher nicht vor. DieAntwortwurdenamensderBundesregierungmitSchreibendesBundesministeriumsfürArbeitundSozialesvom 16.Mai 2013 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.
Drucksache 17/13597 2 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode DieBundesregierunghatdenBundesbeauftragtenfürdenDatenschutzunddie Informationsfreiheit (BfDI)gebeten,InformationenzurBeantwortungderKleinenAnfragezurVerfügungzustellen.SoweitdieseInformationenaufgenommen wurden, werden diese gesondert kenntlich gemacht. 1.WelchegesetzlichenundverwaltungsmäßigenVorgabenbestehenzurEinhaltung des Sozialdatenschutzes im SGB II? GesetzlicheRegelungenzumSozialdatenschutzfürdenBereichderGrundsicherungfürArbeitsuchendenachdemSGBIIsindinsbesondere 35SGBI, 50ff.SGBII, 67ff.SGBXundsubsidiärdasBundesdatenschutzgesetz (BDSG).DieseVorschriftenverweisenteilweiseaufVorschriftenweitererGesetze, z. B. solche des Aufenthaltsgesetzes oder der Abgabenordnung. DieBAhatVerwaltungsvorgabenzurEinhaltungdesSozialdatenschutzesin dengeinsbesonderedurchhandlungsempfehlungenundgeschäftsanweisungenerlassen,welchedievorgenanntengesetzlichenregelungenkonkretisieren, z.b.diegeschäftsanweisungzurbeachtungdessozialdatenschutzesindenit- VerfahrenderBA,dieDatenschutzbestimmungen DatBest derba,hinweise zumaufbauundführeneinerleistungsakteoderhinweisefürdenaußendienst. 2.GibtesSonderregelungenzumDatenschutzimBereichdesSGBII,und welchebegründungenrechtfertigengegebenenfallsnachansichtderbundesregierung diese Sonderregelungen? EinewichtigespezialgesetzlicheRegelungzurDatenerhebung,-verarbeitung und-nutzungsowiezurdatenschutzrechtlichenverantwortungfürdenbereich dergrundsicherungfürarbeitsuchendeist 50SGBII.NachdieserVorschrift sinddiegedatenschutzrechtlichverantwortlichestellenunddieba,soweitsie zentralverwalteteverfahrenderinformationstechnikbereitstellt.imübrigen wirdaufdiegesetzesbegründunginderbundestagsdrucksache17/1555,s.31 vom 4. Mai 2010 verwiesen. 3.WelcheInstanzenkontrollierenmitwelchendokumentiertenErgebnissen dieeinhaltungderdatenschutzrechtlichenbestimmungenindenjobcentern (bittedifferenziertnachgemeinsameneinrichtungenundoptionskommunen antworten)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. DiegEsindnach 50Absatz2SGBIIdatenschutzrechtlichverantwortliche StellenimSinnevon 67Absatz9SGBX.Siesindgemäß 4fBDSGverpflichtet,jeeinenbehördlichenDatenschutzbeauftragtenzubestellen.Dieser führtdiedatenschutzkontrollenach 4gBDSGimBereichdesSozialdatenschutzesindergEdurch.ÜberdieFormderDokumentationwirdvorOrtentschieden. Gemäß 47Absatz3SGBIIführtdasBMASimEinvernehmenmitdenLänderndieRechtsaufsichtüberdiegEimorganisatorischenVerantwortungsbereichderTrägerversammlungunddamitgemäß 44bAbsatz1,44cAbsatz2 SGB II auch im Bereich des Sozialdatenschutzes. VerantwortlicheStellefürdievonihrindengEeingesetztenzentralenVerfahrenderInformationstechnikistdieBA.Auchsieistgemäß 4fBDSGverpflichtet,einenDatenschutzbeauftragtenzubestellen,derdieDatenschutzkontrolleinderBAdurchführt.ZudemführtdieBAimRahmenderInternenRevi-
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 3 Drucksache 17/13597 siongemäß 49SGBIIPrüfungeninallenDienststellenundgEdurch.DieBerichtederInternenRevisionwerdeni.d.R.einhalbesJahrnachZuleitungan dasbmasiminternetveröffentlicht,sofernkeineausnahmetatbeständenach deminformationsfreiheitsgesetzentgegenstehen.derberichtderinternenrevisionzumdatenschutzindengewurdedembmasimfebruar2013zugeleitet. DasBMASführtgemäß 47Absatz1SGBIIdieRechts-undFachaufsicht überdieba,soweitsiedengezentralverwalteteverfahrenderinformationstechnik nach 50 Absatz 3 SGB II bereitstellt. Gemäß 50Absatz4SGBIIobliegtdemBundesbeauftragtenfürdenDatenschutzunddieInformationsfreiheit (BfDI)dieDatenschutzkontrollesowiedie KontrollederEinhaltungderVorschriftenüberdieInformationsfreiheitbeiden gesowiefürdiezentralenverfahrenderinformationstechnikderbaindenge. DieöffentlichdokumentiertenErgebnissedesBfDIkönnendessenTätigkeitsberichten (abrufbar unter www.bfdi.bund.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/ Taetigkeitsberichte/Functions/TB_BfDI_table.html?nn=408924)entnommen werden. 4.WelcheswarendiehäufigstenDatenschutzverstößeimRahmendesSGBII in den Jahren seit 2005 (bitte jährlich auflisten)? DievonderBundesregierunginderAntwortzuFrage3dargestelltenDatenschutzkontrollendurchdieBAunddenBfDIbasierenaufStichproben.Eine lückenloseerfassungallerverstößeistdeshalbnichtmöglich.repräsentative ZahlenüberDatenschutzverstößeimBereichdesSGBIIliegenderBundesregierungdemnachnichtvor.EinejährlicheAuflistungderhäufigstenDatenschutzverstöße für die Jahre seit 2005 ist daher nicht möglich. ImZugederInternenRevisiongemäß 49SGBIIprüftedieBAerstkürzlich imbereichdatenschutz,obdiegediegesetzlichenundggf.vorhandeneneigenenfestlegungenzumsozialdatenschutzeinhaltenunddieverbindlichenregelungenzumdatenschutzimfachverfahren VerBIS beachten.imergebnis wurdendabeiinsbesonderemängelbeieintragungeninbewerberdatensätzen festgestellt.dieerkenntnisseindemrevisionsberichtsindallerdingsnichtrepräsentativ, da sie stichprobenartig bei sechs ge erhoben wurden. DerBfDIhatnacheigenenAngabenimRahmenseinerZuständigkeitseit2011 bislang21beratungs-undkontrollbesucheindengedurchgeführtsowiefast 1000EingabenBetroffenerbearbeitet,welchederAnsichtwaren,beiderErhebung,VerarbeitungoderNutzungihrerpersonenbezogenenDatendurcheine geinihrenrechtenverletztwordenzusein.zusätzlichhaterprojahrca.1800 telefonischeanfragenbetroffenerbeantwortet,diebeimbfdiübereinespeziell eingerichtete SGB II-Hotline eingingen. ImWegederRechtsaufsichtdesBMASüberdiegEsowiemaßgeblichauf GrundlagederInformationdurchdenBfDIunddieBAwurdenindengE schwerpunktmäßigindennachfolgendgenanntenaufgabenbereichendatenschutzrechtliche Mängel festgestellt: Eintragungen im Fachverfahren VerBIS (Freitextfelder), Vorlage und Speicherung von Kontoauszügen, Datenübermittlung an einen Maßnahmeträger, VeröffentlichungvonTelefonnummerund/oderE-Mail-Adresseinder JOBBÖRSE der BA, Hausbesuche durch den Ermittlungsdienst der Jobcenter,
Drucksache 17/13597 4 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode Umgang mit Gesundheitsdaten gemäß 67 Absatz 12 SGB X, Beratung in Doppelbüros (gleichzeitig mit anderen Kunden), WeiterleitungvonStellungnahmenderArbeitnehmeranehemaligeArbeitgeber, Umsetzung der Erhebung des Migrationshintergrundes, VorlagevonNachweisenzudenKostenfürUnterkunftundHeizungundderen Speicherung und Nutzung, Speicherung der Kopie des Personalausweises, AnfragenzudenBetroffenenrechten:Akteneinsicht ( 25Absatz1SGBX), Auskunft ( 83SGBX),Berichtigung,LöschungundSperrungvonDaten ( 84 SGB X) in Papierakten oder in elektronischer Form. 5.WelchessinddieJobcenter,ausdenendiehäufigstenVerstößebekanntsind (bittediezehnwichtigstennachanzahlprobundeslandundprojahraufführen)? EineStatistiküberdiegE,ausdenendiehäufigstenVerstößebekanntwerden, existiertnicht.nachinformationdesbfdigibteskeineregionalenoderlokalen AuffälligkeitenimUmgangmitdemDatenschutzindenJobcentern.DerBfDI weistdaraufhin,dassausderzahlbehaupteterverstößedergenichtimumkehrschlussaufeinemangelndesorgfaltoderqualitätimumgangmitsozialdatengeschlossenwerdenkönne.aucheineauffälligkeitnachbundesländern seinichtdarlegbar.derbundesregierungselbstsindebenfallskeineregionalen oder lokalen Auffälligkeiten bekannt. 6.WieoftwurdenAktenvonLeistungsbeziehendennachdemSGBIInicht sicher vor dem Zugriff Unbefugter gelagert? 7.InwievielenFällenwarendieAktenbeimTransportoderUmzugnichtvor dem Zugriff Dritter geschützt? 8.WievieleFälledesunbefugtenZugriffsDritteraufLeistungsakten darunterauchdurchmitarbeiter/mitarbeiterinnenderjobcenter sindderbundesregierung bekannt geworden? 9.WieoftwurdebeidenEinträgenindurchdieSoftwareVerBISermöglichtenProfilederLeistungsbeziehendennachdemSGBIIgegendenstrafbewehrten Schutz nach 203 des Strafgesetzbuchs verstoßen, weil a)erkrankungenundärztlichebehandlungen (überdiejobbörse)für potenzielle Arbeitgeber einsehbar waren, b)erkrankungenundärztlichebehandlungenauchfürnichtmitdemfall befasste Jobcentermitarbeiter/-innen einsehbar waren, c)vermittlungsrelevantegesundheitlicheundpsychischeeinschränkungen nicht korrekt dokumentiert waren und d)vermittlungshemmendeinformationenüberschuldenoderzurhäuslichenbeziehungsweisefamiliärensituationüberverbisveröffentlicht wurden? DieFragen6bis9werdenwegenihresSachzusammenhangszusammenbeantwortet. HierzuliegenderBundesregierungkeinerepräsentativenErkenntnissevor.Insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 5 Drucksache 17/13597 10.WievieleBeschwerdenüberverwechselteDatenübermittlungliegenden Jobcentern vor hinsichtlich a)unterlagenunddatenvonleistungsbeziehendennachdemsgbii, die falschen Anwälten zugesandt wurden, b)datenundunterlagen,diefalschenleistungsbeziehendenzugesandt wurden? 11.WievieleBeschwerdenüberKontaktaufnahmendesJobcentersmitdem VermieteraktuellerundpotenziellerWohnräumevonLeistungsbeziehenden nach dem SGB II liegen den Jobcentern vor? 12.WievieleBeschwerdenliegendenJobcenternvor,weildieJobcenter Hilfesuchendeaufgeforderthatten,einenGesundheitsfragebogenauszufüllenundihrevertraulichenDatenpreiszugeben,wennBetroffenezuArbeitsfähigkeitsuntersuchungbeimAmtsarztoderärztlichenDienstbereit sind, aber eine Datenfreigabe vermeiden wollen? DieFragen10bis12werdenwegenihresSachzusammenhangszusammenbeantwortet. DieBundesregierunghatkeineKenntnis,wievieledatenschutzrechtlicheBeschwerden in den ge eingegangen sind. Zentrale Erhebungen erfolgen nicht.
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83 91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbh, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333