Deutscher Bundestag Drucksache 17/11146 17. Wahlperiode 23. 10. 2012 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 17/10936 Medienberichte über mögliche Zusammenarbeit der Bundeswehr- Reservistengruppe Marschgruppe Hürtgenwald mit Rechtsextremisten Vorbemerkung der Fragesteller Der HessischeRundfunk (HR)hatMitteSeptember2012berichtet,dassein RechtsextremistmitKontaktenzurmilitantenNaziszeneanVeranstaltungen derreservistengruppederbundeswehr MarschgruppeHürtgenwald teilgenommenhatundvonderbundeswehrnachafghanistanentsandtwordenist (www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?key= standard_document_46081275&jmpage=1&type=v&rubrik=36086&jm=1& mediakey=fs/defacto/rechte_4268). DermutmaßlicheNeonazi,HauptmannM.L.,habe2008einenAufnahmeantrag beidernpdgestellt,dervondernaziparteiallerdingsmitdermaßgabeabgelehntwordensei,ersollezunächstausdercduaustreten.diesistdem HR zufolgemittlerweilegeschehen.derhauptmannseimitgliedinderreservistenkameradschaft KaufungerWald,bestätigteinBerichtaufHNA.deunterBerufungauf Marschgruppen-Leiter O.B. (www.hna.de/nachrichten/kreis-kassel/ nieste/reservisten-marschgruppe-huertgenwald-wehren-sich-gegen-vorwurfrechtsextremismus-2512316.html).vertreterdermarschgruppegebenan,sie hättenüberdenrechtsextremenhintergrunddeshauptmanns,derauchenge KontaktezumsogenanntenFreienWiderstandKasselhabensoll,nichtsgewusst.Allerdingsweistder HR daraufhin,dassderverfassungsschutzschon seit Längerem die Reservistenkameradschaften entsprechend unterrichte. ZudemistesnichtdasersteMal,dassdiehessischeReservistenkameradschaft unterverdachtsteht,mitneonaziszutunzuhaben.imdezember2011hatte der HR berichtet,einrechtsextremist,derbeschuldigtwerde,dasholocaustmahnmalinkasselmitparolenbeschmiertzuhaben,seimitgliedder MarschgruppeHürtgenwald.DerenLeiterO.B.gibtzwaran,auchdavonnichts gewusstzuhaben,jedochhaterseinerzeitdieanwaltlichevertretungdesbeschuldigtenneonazisübernommen.dasseinanwaltnichtwisse,wasseinem Mandanten vorgeworfen werde, bezeichnet der HR als unglaubwürdig. DermutmaßlicheRechtsextremist,HauptmannM.L.,sollmittlerweilebeim deutschenkontingentderinternationalensicherheitsunterstützungstruppein Afghanistan (ISAF) Dienst tun. DieAntwortwurdenamensderBundesregierungmitSchreibendesBundesministeriumsderVerteidigungvom22.Oktober 2012 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich in kleinerer Schrifttype den Fragetext.
Drucksache 17/11146 2 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 1.WelcheErkenntnissehatdieBundesregierungüberdiegeschildertenVorfälle, und inwiefern treffen diese zu? DieBundesregierunghaterstdurchdieBerichteindenMedienvondeminder VorbemerkungderFragestellergenanntenSachverhalterfahren.ImÜbrigen sindreservistenverbändederbundeswehrkeinebeobachtungsobjektederverfassungsschutzbehörden.insofernliegenzudiesenkeinestrukturiertenerkenntnissevor.nurimrahmenderbeobachtungvonrechtsextremistenkönnenimeinzelfallverbindungenvondiesenzureservistenkameradschaftenbekannt und aktenkundig gemacht werden. DieBearbeitungdesdurchdieFragestellergenanntenHauptmannesdurchden MilitärischenAbschirmdienstdauertan.EineabschließendeBeurteilungkann derzeit noch nicht erfolgen. 2.Triffteszu,dassdergenannteHauptmannM.L.zumdeutschenISAF- KontingentnachAfghanistanabkommandiertwurdebzw.abkommandiert wordenwar,undwennja,fürwelchenzeitraum,undinwelcherfunktion? DerBetroffenewarfüreineWehrübungalsVerbindungsoffizierinKunduz (AFG)währenddesEinsatzzeitraums15.Juli2012bis28.Februar2013vorgesehen und leistete dort vom 15. Juli 2012 bis zum 13. Oktober 2012 Dienst. 3.WannhatdieBundesregierungKenntnisvondenVorwürfengegenden Hauptmann M. L. erhalten? DerGeschäftsbereichBMVgerhieltam17.September2012durcheineMeldungausderTruppeKenntnisvondemindenPressemeldungenbekanntgewordenen Sachverhalt. 4.HatsichderMilitärischeAbschirmdienst (MAD)mitdemFallbeschäftigt, undwennja,seitwannistdermadüberdievorwürfegegenhauptmann M. L. unterrichtet? DerMADerhieltam17.September2012durcheineMeldungausderTruppe KenntnisvondemindenPressemeldungenbekanntgewordenenSachverhalt und nahm unverzüglich die Bearbeitung auf. 5. Inwiefern treffen die Vorwürfe gegen Hauptmann M. L. zu? DieBearbeitungdesFallsseitensdesMADdauertan.EineabschließendeBeurteilungstehtaufgrundderlaufendenErmittlungennochaus.DasSicherheitsüberprüfungsverfahrenwurdeam16.Oktober2012aufgrundderHerauslösung unddesnichtbeabsichtigtenerneuteneinsatzesineinersicherheitsempfindlichen Tätigkeit eingestellt. 6.Triffteszu,dassM.L.eineMitgliedschaftinderNPDbeantragthatte,und welcheangabenkanndiebundesregierungdarübermachen,obermittlerweileeinenerneutenaufnahmeantrageingereichthat,undmitwelchem Erfolg? ImRahmenderbisherigenBearbeitungkonntenhierzukeineErkenntnisseder Bundesregierunggewonnenwerden.EineabschließendeBeurteilungsteht jedoch aufgrund der laufenden Bearbeitung noch aus.
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 3 Drucksache 17/11146 7.WelcheErkenntnissehatdieBundesregierungzum FreienWiderstand Kassel,undinwelcherBeziehungstehtHauptmannM.L.zudieserVereinigung? DenVerfassungsschutzbehördendesBundesliegenzum FreienWiderstand Kassel keineeigenenerkenntnissevor.der FreieWiderstandKassel istim hessischenverfassungsschutzbericht2010alsneonazistischegruppierungaufgeführt.eshandeltessichumeineeherlosestrukturierte,seitetwasechsjahrenbestehendeneonazistischegruppierung,dienurvereinzeltaktivitätenentwickelt.der FreieWiderstandKassel betreibteineeigeneinternetseite,auf dernebeneinerentsprechendenselbstdarstellungauchfürrechtsextremistische DemonstrationengeworbenundanschließendüberderenDurchführungberichtet wird. 8.WelcheRegelungengelteninderBundeswehrfürAngehörigedes Freien Widerstands Kassel? IstderenAufnahmeindenWehrdienstbzw.inReserveübungensowie deren Entsendung zum deutschen ISAF-Kontingent ausgeschlossen? ReservistenverbändederBundeswehrsindkeineBeobachtungsobjektederVerfassungsschutzbehörden.InsofernliegenzudiesenkeinestrukturiertenErkenntnissevor.ImRahmenderBeobachtungvonRechtsextremistenkönnenim EinzelfallVerbindungenvondiesenzuReservistenkameradschaftenbekannt undaktenkundiggemachtwerden.dermadbeobachtetrechtsextremismusin derbundeswehrimrahmenseinesgesetzlichenauftrageszursammlungund AuswertungvonInformationenüberBestrebungengegendiefreiheitlichedemokratischeGrundordnung,denBestandoderdieSicherheitdesBundesoder eineslandes.anknüpfungspunktfüreintätigwerdendesmadimbereichder ExtremismusabwehristdasVorliegentatsächlicherAnhaltspunktewiederZugehörigkeitzueinerrechtsextremistischenGruppierung.Diesgiltsowohlfür diebewertungimrahmenderextremismusabwehralsauchineinerggf.parallel durchzuführenden Sicherheitsüberprüfung. DerMADhatjedochmangelsgesetzlicherZuständigkeitkeineErmittlungsbefugnissegegenüberPersonen,die (noch)nichtineinemaktivendienstverhältnis stehen. 9. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Vorfall? DiePrüfungdesFalleswirdmöglichesOptimierungspotentialbezüglichderErkenntnislagederVerfassungsschutzbehördenunddesInformationsaustausches erbringen.danebenwerdenimzugederu.a.durchdenzweitenuntersuchungsausschussder17.wahlperiodeangestoßenebetrachtungenvonoptimierungsmöglichkeitendersicherheitsbehördenarchitekturzuprüfensein.diebundesregierungmöchte,unabhängigvondiesemkonkreteneinzelfall,denfragestellernversichern,dassangehörigederbundeswehrauseinemeinsatzherausgelöstundanschließendauchnichtmehrzuwehrübungenherangezogenwerden, wennerheblichezweifelbestehen,dasssiefürdiefreiheitlichedemokratische Grundordnung eintreten.
Drucksache 17/11146 4 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 10.InwelcherBeziehungstehendie MarschgruppeHürtgenwald sowiedie Reservistenkameradschaft KaufungerWald zueinandersowiezurbundeswehr? SindbeideMitgliederdesVerbandesderReservistenderdeutschenBundeswehr? Die MarschgruppeHürtgenwald isteinereservistenarbeitsgemeinschaft,in dermitgliederausunterschiedlichenreservistenkameradschaftentätigsind, u.a.auchausderreservistenkameradschaftkaufungerwald.beidesindüber diekreisgruppekurhessenunddenlandesverbandhessenmitgliedimverbandderreservistenderdeutschenbundeswehre.v.diebundeswehrarbeitet mit dem Verband zusammen. 11.Inwiefernerhältdie MarschgruppeHürtgenwald sowiediereservistenkameradschaft KaufungerWald FörderungendurchdieBundeswehr (bittegegebenenfallsumfangundartderförderungfürdiejahre2010 und 2011 sowie 2012 angeben)? Wederdie MarschgruppeHürtgenwald nochdiereservistenkameradschaft KaufungerWalderhaltenFörderungendurchdieBundeswehr.Die MarschgruppeHürtgenwald hatimrahmeneinerdienstlichenveranstaltung2010 und2011aminternationalenhürtgenwaldmarschteilgenommen.dafürerhieltendieeinzelnenteilnehmerdermarschgruppefahrtkosterstattungeninhöhe von insgesamt 507,60 Euro (2010) bzw. 767,80 Euro (2011). 12.Inwieferntriffteszu,dassderhessischeVerfassungsschutzReservistenverbändenHintergrundgesprächezurmöglichenTeilnahmevonRechtsextremistenanVeranstaltungenderVerbändeanbietet,undinwieferngibt es hierzu eine Absprache mit dem MAD sowie dem Reservistenverband? a)gibtesangebotezusolchengesprächenauchinanderenbundesländern, und wenn ja, in welchen? b)wiehochschätztdiebundesregierungdenbedarfansolchengesprächen,mithindiegefahreinerrechtsextremenunterwanderungder Reservistenorganisationen, ein? c)welchereservistenkameradschaftenhabenbislanggebrauchvom AngebotzuHintergrundgesprächengemacht (bittevollständigauflisten)? d)woherbeziehtderverfassungsschutzseinediesbezüglicheninformationen, und inwiefern bezieht er sie vom MAD? e)inwiefernistesdemverfassungsschutzerlaubt,beisolchengesprächen auch konkrete Namen von Rechtsextremisten zu erwähnen? GrundsätzlichgebendieVerfassungsschutzbehördenErkenntnisse,dieimRahmenderBeobachtungvonRechtsextremistenzuReservistenorganisationenanfallen,unterBeachtungdatenschutzrechtlicherVorgaben,andiezuständigen Stellenweiter.ÜberdiekonkreteVorgehensweisederLandesbehördenfürVerfassungsschutz sowie über Einzelfälle liegen hier keine Informationen vor. 13.InwieferntrifftesnachKenntnisderBundesregierungzu,dasseinandererRechtsextremist,demdieBeschädigungdesHolocaustmahnmalsin Kasselvorgeworfenwird,aneinerReservistenübungder Marschgruppe Hürtgenwald teilgenommen hat? DenVerfassungsschutzbehördendesBundesliegenkeineeigenenErkenntnisse zu dem genannten Sachverhalt vor.
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 5 Drucksache 17/11146 14.Triffteszu,dassdieserRechtsextremistzeitweisevomVorsitzendender MarschgruppeHürtgenwald,O.B.,anwaltlichvertretenwurde,und wennja,welchekonsequenzenziehtdiebundesregierungausdemumstand,dasso.b.dennochöffentlichaussagt,erhabevondenvorwürfen gegen diesen Rechtsextremisten nichts gewusst? DenVerfassungsschutzbehördendesBundesliegenkeineeigenenErkenntnisse zu dem genannten Sachverhalt vor. 15.WelchePositionnimmtdieBundesregierungzurEntsendungdesHauptmanns M. L. nach Afghanistan ein? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen.
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