3.3 Eigenwerte und Eigenräume, Diagonalisierung
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- Gerhardt Hausler
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1 3.3 Eigenwerte und Eigenräume, Diagonalisierung Definition und Lemma Sei V ein K-Vektorraum, φ End K (V ), λ K. Wir defnieren den zu λ gehörigen Eigenraum von φ als Dies ist ein Unterraum von V. Eig(φ, λ) := {x V φ(x) = λx}. Bemerkung (1) Eig(φ, 0) = Kern(φ). () Allgemeiner: Betrachte φ λ id V End K (V ): (φ λ id V )(x) = φ(x) λx. Dann ist Eig(φ, λ) = Kern(φ λ id V ). Definition λ K heißt Eigenwert von φ End K (V ) falls Eig(φ, λ) {0}, d.h. falls 0 x V mit φ(x) = λx. Jedes solche x 0 wird dann zum Eigenwert λ gehöriger Eigenvektor genannt. Satz V endlich-dimensionaler K-Vektorraum, φ End K (V ). Dann gilt: φ diagonalisierbar V besitzt eine Basis bestehend aus Eigenvektoren von φ. Satz und Definition (Direkte Summe). Sei V ein K-Vektorraum und U 1,..., U r Unterräume von V. Sei U := U U r und V i = U U i 1 + U i U r. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (i) i {1,..., r} gilt: U i V i = {0}; (ii) Für alle Vektorensysteme x 1,..., x r mit x i U i gilt: r i=1 x i = 0 = x i = 0 für 1 i r; (iii) Für zwei Vektorensysteme x 1,..., x r und y 1,..., y r mit x i, y i U i gilt: r i=1 x i = r i=1 y i = x i = y i für 1 i r. Falls eine (und somit jede) der obigen Aussagen erfüllt ist, so nennt man U direkte Summe der Unterräume U i, 1 i r, in Zeichen U = U 1 U... U r = r i=1 U i. Ferner gilt: Falls jedes U i endlich-dimensional ist, so ist jede der obigen Aussagen auch äquivalent zu jeder der beiden folgenden: (iv) dim U = r i=1 dim U i; (v) Falls e i1,..., e ini eine Basis von U i ist, wobei 1 i r und n i = dim U i, so ist e 11,..., e 1n1, e 1,..., e n,..., e r1,..., e rnr Basis von U. 1
2 Satz Seien λ 1,..., λ r verschiedene Eigenwerte von φ End K (V ). Dann ist r i=1 Eig(φ, λ i) = r i=1 Eig(φ, λ i) eine direkte Summe. Korollar Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind linear unabhängig. Korollar Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, φ End K (V ). (i) φ hat höchstens n verschiedene Eigenwerte; (ii) φ ist genau dann diagonalisierbar wenn V die direkte Summe aller Eigenräume zu den verschiedenen Eigenwerten von φ ist. Definition Seien A M n (K), λ K, L A : K n K n : x A x. Wir defnieren den zu λ gehörigen Eigenraum von A als Eig(A, λ) := Eig(L A, λ). Man nennt λ einen Eigenwert von A falls λ Eigenwert von L A ist, d.h. falls 0 x K n mit A x = λ x, und jedes solche x 0 wird dann zum Eigenwert λ gehöriger Eigenvektor von A genannt. Bemerkung Eig(A, λ) = L(A λi n 0), die Lösungsmenge des homogenen LGS (A λi n 0). Aus.5.8, und folgt sofort: Satz Seien A M n (K), λ K. Dann sind äquivalent: (i) λ ist Eigenwert von A; (ii) Das homogene LGS (A λi n 0) hat eine Lösung 0 x K n ; (iii) Rang(A λi n ) < n, d.h. A λi n nicht regulär; (iv) det(a λi n ) = 0. Sei K Körper, K[X] der Polynomring über K in der Variablen X. Diesen können wir als Unterring des rationalen Funktionenkörpers K(X) betrachten. Für A = (a ij ) M n (K) betrachten wir nun über dem größeren Körper K(X) die Matrix a 11 X a 1... a 1n a 1 a X... a n A XI n =..... a n1 a n... a nn X
3 Wie üblich können wir die Determinante det(a XI n ) berechnen, (da unsere Theorie der Determinanten über Körpern entwickelt wurde und K(X) ein Körper ist), z.b. Entwicklung nach der ersten Spalte. Man sieht, dass man dabei ein Polynom erhält, genauer det(a XI n ) = c n X n + c n 1 X n c 1 X + c 0 K[X] wobei Folgendes relativ leicht gezeigt werden kann: c n = ( 1) n ; c n 1 = ( 1) n 1 (a 11 + a a nn ) = ( 1) n 1 Spur(A); c 0 = det A. Beispiel. Für A = ( ) a b c d erhält man det(a XI ) = a X b c d X = X (a + d)x + (ad bc). Definition Sei A M n (K). Man nennt P A (X) := det(a XI n ) das charakteristische Polynom von A. Korollar λ K ist Eigenwert von A M n (K) λ ist Nullstelle von P A (X) K[X]. Lemma Seien A, B M n (K) ähnliche Matrizen, d.h. S GL n (K) mit B = SAS 1. Dann gilt P A (X) = P B (X). Insbesondere haben ähnliche Matrizen dieselben Eigenwerte. Mittels 3..7 und folgt: Korollar und Definition Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, φ End K (V ) und A := M E E (φ) M n(k) die Darstellungsmatrix von φ bzgl. einer Basis E von V. Dann ist det(a XI n ) unabhängig von der Wahl der Basis E, und man definiert das charakteristische Polynom von φ als P φ (X) := P A (X) = det(a XI n ) K[X]. Satz Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, und sei entweder F End K (V ) oder F M n (K), und sei λ K. Dann gilt: λ ist Eigenwert von F λ ist Nullstelle von P F (X). 3
4 Einige Bemerkungen über K[X] Hier ist K immer ein Körper und K[X] der Polynomring in der Variablen X über K. (i) K[X] ist ein kommutativer nullteilerfreier Ring. Die Elemente 0 f K[X] kann man schreiben als f = a n X n + a n 1 X n a 1 X + a 0 für geeignetes n N 0 und mit a n 0. Man nennt n den Grad von f, in Zeichen Grad(f) = n. a n heißt Leitkoeffizient von f, und f heißt monisch (oder normiert) falls a n = 1. Man definiert Grad(0) =. (ii) Es gilt f, g K[X]: Grad(fg) = Grad(f) + Grad(g) (wobei gelten soll + m = m + ( ) = m N 0 { }). (iii) λ K heißt Nullstelle von f = r i=0 a ix i falls f(λ) = r i=0 a iλ i = 0 K. (iv) Man nennt f K[X] irreduzibel falls gilt: Grad(f) 1 und Es gibt keine g, h K[X] mit 1 Grad(g), Grad(h) < Grad(f) und f = gh. (v) Satz von der Division mit Rest in K[X]: Seien f, g K[X] mit g 0. Dann existieren eindeutig bestimmte q, r K[X] mit f = qg + r, und r = 0 oder 0 Grad(r) < Grad(g). (vi) Satz von der eindeutigen Zerlegung in irreduzible Polynome: Jedes 0 f K[X] besitzt eine Zerlegung f = αg 1 g... g r, wobei r N 0, g i K[X] monisch und irreduzibel, und α K. Diese Zerlegung ist bis auf die Reihenfolge der g i eindeutig. Hierbei ist α der Leitkoeffizient von f. (Bemerkung: Dies ist analog zur eindeutigen Primfaktorzerlegung in Z.) (vii) Sei 0 f K[X], λ K. Dann gilt: λ Nullstelle von f X λ ist ein Faktor in der Zerlegung von f in irreduzible Polynome. Insbesondere gilt: f hat höchstens Grad(f) verschiedene Nullstellen. (viii) Polynome vom Grad 1 sind immer irreduzibel. Polynome vom Grad oder 3 sind genau dann irreduzibel, wenn sie keine Nullstelle haben. 4
5 Es ist möglich, dass Polynome vom Grad > 3 keine Nullstellen haben, aber trotzdem reduzibel sind. Beispiel: (X + 1)(X + ) = X 4 + 3X + R[X] hat sicher keine Nullstellen, ist aber reduzibel. (ix) Die irreduziblen Polynome über C sind genau die Polynome vom Grad 1. Daraus folgt, dass jedes Polynom 0 f C[X] in Linearfaktoren zerfällt, d.h. sich schreiben lässt als Produkt von Polynomen vom Grad 1: f = α n i=1 (X c i), für geeignete α, c i C. Falls ein Körper K die Eigenschaft hat, dass jedes Polynom sich in ein solches Produkt von Linearfaktoren zerlegen lässt, so sagt man, K ist algebraisch abgeschlossen. (x) Die irreduziblen Polynome in R[X] sind genau die Polynome vom Grad 1 sowie diejenigen Polynome von Grad, die keine Nullstellen haben. (xi) Beispiel einer Zerlegung in R[X]: f(x) = X 4 +X 3 X 1. Suche zunächst Nullstellen: man sieht schnell: ±1 sind Nullstellen. Also taucht (X 1)(X + 1) = X 1 als Faktor auf. Verwende nun Polynomdivision und man erhält: (X 4 + X 3 X 1) : (X 1) = X + X + 1. Die Nullstellen von X + X + 1 berechnet man mit der üblichen Formel für 1± quadratische Gleichungen: 3 C \ R, also keine Nullstellen in R, daher irreduzibel. Die Faktorisierung in irreduzible Polynome über R lautet also: X 4 + X 3 X 1 = (X 1)(X + 1)(X + X + 1) Über C: X 4 + X 3 X 1 = (X 1)(X + 1)(X )(X ). Mittels der eindeutigen Zerlegung in irreduzible Polynome (insbesondere unter Berücksichtigung von obigem (vii)) erhält man: Satz und Definition (1) Sei 0 f K[X] und sei λ K Nullstelle von f. Dann existieren eindeutig bestimmte m N und g K[X] mit f = (X λ) m g und g(λ) 0. Man nennt m die Vielfachheit der Nullstelle λ, in Zeichen m(f, λ) := m. Man setzt m(f, λ) = 0 falls f(λ) 0, also falls λ keine Nullstelle von f ist. () Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, und sei entweder F End K (V ) oder F M n (K), und sei λ K ein Eigenwert von F. Dann heißt m(p F, λ) die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λ. Ferner nennt man dim Eig(F, λ) auch die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts λ. Satz Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, und sei entweder F End K (V ) oder F M n (K), und sei λ K. 5
6 (i) dim Eig(F, λ) m(p F, λ). (ii) F ist genau dann diagonalisierbar, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: (a) P F zerfällt in Linearfaktoren: P F (X) = ( 1) n wobei r i=1 m i = n = dim V, und (b) λ K: dim Eig(F, λ) = m(p F, λ). r (X λ i ) m i Algorithmus zur Diagonalisierung von Matrizen Sei A M n (K). Wir wollen A über K diagonalisieren, falls möglich. (1) Berechne P A (X) = det(a XI n ). () Faktorisiere P A (x): Falls nicht zerlegbar in Linearfaktoren, dann nicht diagonalisierbar: Stopp. Falls zerlegbar in Linearfaktoren: bestimme alle Nullstellen λ 1,..., λ r und deren Vielfachheiten m i := m(p A, λ i ). (3) Für jedes λ i, bestimme Eig(A, λ i ) = L(A λi n 0). Falls i mit dim Eig(A, λ i ) < m i, dann nicht diagonalisierbar: Stopp. Falls i: dim Eig(A, λ i ) = m i : diagonalisierbar, und eine zu A ähnliche Diagonalmatrix D sieht dann so aus: λ 1 I m1 D =... λ r I mr (4) (Falls verlangt). Falls A diagonalisierbar mit Diagonalmatrix D, bestimme eine Matrix S GL n (K) mit S 1 AS = D: Bestimme eine Basis für jeden der Eigenräume Eig(A, λ i ). Wir wissen (da diagonlisierbar nach Annahme): all diese Vektoren bilden eine Basis (bestehend aus Eigenvektoren) von V. Sei diese Basis e 1,..., e n, und sei jeweils µ i K der zu e i gehörige Eigenwert: A e i = µ i e i. Sei nun S = ( e 1 e i=1... e n ), und D die Diagonalmatrix µ 1 D =... µ n 6
7 Dann gilt S GL n (K) (S ist regulär da ihre Spaltenvektoren e 1,..., e n nach Konstruktion linear unabhängig). Ferner gilt AS = A( e 1... e n ) = (A e 1... A e n ) = (µ 1 e 1... µ n e n ) µ 1 = ( e 1... e n )... = SD µ n also AS = SD bzw. S 1 AS = D. 7
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