Antikoagulanzien & Thrombozytenaggregationshemmer
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- Carl Mann
- vor 6 Jahren
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1 ! in der Zahnmedizin Bern, Antikoagulanzien & Dr. med. dent. Valérie Suter Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie Themen Einleitung Orale Antikoagulation Neue orale Antikoagulanzien Lokale Hämostyptika Medikamenteninteraktionen Zahnextraktionen Zusammenfassung Einleitung Einleitung 25% der Bevölkerung entwickelt ein Vorhofflimmern. Das Hirnschlagrisiko ist dabei um das 5-fache erhöht Der Hirnschlag ist die dritthäufigste Todesursache in der Schweiz und die häufigste zur Behinderung führende Erkrankung Personen sterben jährlich in der Schweiz an einem Herzinfarkt 2% der über 65-Jährigen haben eine künstliche Herzklappe Personen sterben jährlich an einer venösen Thromboembolie in Europa 1 bis 2 % der Schweizer Bevölkerung ist antikoaguliert 1!
2 ! Einleitung Fallbeispiele akute Schmerzen mit Indikation für Extraktion Zahn 46 Anamnese: 1. Herr Müller, 72-jährig, rezidivierdende Thromboembolien, antikoaguliert mit Phenprocoumon (Marcoumar ) seit 5 Jahren 2. Herr Schlatter, 66-jährig, Implantation von 2 Koronar-Gefäss-Stents vor 7 Monaten, Einnahme von 100mg/d Acetylsalicylsäure (Aspirin Cardio 100) und 150mg/d Clopidrogel (Plavix ) 3. Frau Meier, 49-jährig, nimmt 20mg/d Rivaroxaban (Xarelto ) täglich bei St. nach einer tiefen Venenthrombose vor 5 Wochen Orale Antikoagulation Cumarine Phenprocoumoron (Marcoumar ) -> EHZ ca. 160 St. Acenocoumarol (Sintrom ) -> EHZ ca. 10 Stunden Hemmung der Vitamin-Kabhängigen Gerinnungsfaktoren Variable Pharmakokinetik: Alter Körpergewicht Ernährung Co-Medikation Orale Antikoagulation Orale Antikoagulation Laborkontrolle Vorgehen für die Zahnextraktion Schwankungen Aktuelle INR-Messung Messung der Thromboplastinzeit Eingriff am Morgen einplanen (TPZ): extrinsischer Weg Evidenz-basiertes Vorgehen: Armand Quick 1935, Quick Test ist abhängig Reagenz (Thromboplastin) International Normalized Ratio (INR) = (TPZ Patient / TPZ! Thromboplastinzeit! TPZ! (Quicktest)! Bis zu einem INR = 3.5 kann eine Zahnextraktion durchgeführt werden. Zur Blutstillung werden lokale Hämostyptika eingesetzt Normalperson) Internationaler Sensitivitätsindex (ISI) 2!
3 ! Retrospektive Analyse von 197 zerebrovaskulären Infarkten wegen Embolien 14/197 = 7.1% der Infarkte ereigneten sich beim Absetzen der oralen Antikoagulation wegen medizinischen Eingriffen 1 Fall wurde die Antikoagulation wegen Zahnextraktion unterbrochen 1 Fall wurde die Antikoagulation wegen Katarakt-Operation + anschliessend geplanter Zahnextraktion länger unterbrochen Kein Patient starb, aber 11 der 14 Patienten erlitten teils schwerwiegende Defizite! Weitere Expertengruppen Antikoagulation Bridging? Nachteile Patient muss in Rücksprache mit dem Hausarzt (aufwändigere Koordination) die Antikoagulation absetzen -> Rebound Effekt Meist besteht ein Zeitfenster (12-24 Stunden) ohne Heparin -> Risiko für Thromboembolie Risiko der lokalen Blutung vorhanden: je höher, je näher am Einfriff der letzte Zeitpunkt der Heparingabe. Stark erhöht (5-6x) bei hochdosiertem Heparin, keine Messung (kein Wert!) Nach dem Eingriff ev. Schwierigkeit (Hausarzt) den Patienten wieder korrekt einzustellen Für Zahnextraktionen und die meisten kleineren oralchirurgischen Eingriffe überwiegen die Nachteile 3!
4 ! Randomisierte prospektive Studie bei 214 Patienten mit OAK und Zahnextraktion Gruppe 1 (n=109) unter laufender OAK mit INR 1.68 bis 4 (mean 2.45), Kollagenvlies, keine Naht Gruppe 2 (n=105) mit Unterbrechung der OAK (INR < 1.5) und Bridging (LMWH), keine lokalen Massnahmen Postoperative mässige Nachblutungen, alle am selben Tag Gruppe 1: 8/109 (7.34%) Gruppe 2: 5/105 (4.76%), p>0.05 Keine Indikation der Unterbrechung der OAK mit Bridging für einfache Zahnextraktionen Einleitung Fallbeispiele akute Schmerzen mit Indikation für Extraktion Zahn 46 Anamnese: 1. Herr Müller, 72-jährig, rezidivierdende Thromboembolien, antikoaguliert mit Phenprocoumon (Marcoumar ) seit 5 Jahren 2. Herr Schlatter, 66-jährig, Implantation von 2 Koronar-Gefäss-Stents vor 7 Monaten, Einnahme von 100mg/d Acetylsalicylsäure (Aspirin Cardio 100) und 150mg/d Clopidrogel (Plavix ) 3. Frau Meier, 49-jährig, nimmt 20mg/d Rivaroxaban (Xarelto ) täglich bei St. nach einer tiefen Venenthrombose vor 5 Wochen Orale Medizin Thrombozytenaggregation Gefäss - Vasokonstriktion Neurogener Reflexmechanismus Vestärkt durch humorale Stoffe Vorübergehend Primäre Hämostase Subendotheliale Extrazellulärmatrix wird exponiert Thrombozyten: Adhäsion (vwf) Formwandel Freisetzungsreaktion Aggregation (IIb/IIIa, vwf) Medikamente Aktivierung: ASS (Aspirin ) : Hemmung COX1 -> Thromboxan Clopidogrel (Plavix ), Prasugrel (Effient ), Ticagrelorum (Brilique ): Hemmung ADP Aggregation: Abciximab (Reopro ), Tirofiban (Aggrastat ): GP IIb/IIIa- Rezeptor Schwierigkeit: Antagonist laufend neue Medikamente und Kombinationen 4!
5 ! Schwierigkeit: laufend neue Medikamente und Kombinationen Stents Probleme: Wiedereinengung (Restenose), Stent-Thrombose Bar-Metal-Stents (BMS): Ø Dual-Therapie -> Risikosenkung (<2%) DrugElutingStents (DES): Immunsuppressive Medikamente (Rapamycin), Zellspindelgift (Paclitaxel) -> Hemmen Gefässmuskelzellproliferation (Intimahyperplasie) aber auch Reendothelialisierung + potentiell prothrombotisch Ø Dual-Therapie mindestens 12 Monate Lüscher&Steffel SchweizMedForum 2008 Prospektive Studie bei 111 Patienten, Zahnextraktion Gruppe 1 (n=42) nur Aspirin Gruppe 2 (n=26) nur Clopidogrel Gruppe 3 (n=33) Aspirin+Clopidogrel Kontrollgruppe (n=532) Ø Verlängerte Blutung bei der Therapie: Gruppe 1: 1 Patient (2.4%) Gruppe 2: 1 Patient (2.8%) Gruppe 3: 22 Patienten (66.7%), p<0.001, RR Kontrollgruppe: 2 Patienten (0.4%) -> Kontrolle durch lokale Hämostyptika (oxidierte Zellulose) Ø Keine späte Nachblutung! Vorgehen für die Zahnextraktion Keine veränderten Massnahmen bei einem Medikament Dual-Therapie: Abklärung mit Kardiologen / Hausarzt wie lange die Dual- Therapie noch eingeplant ist. Verschieben des oralchirugischen Eingriffs möglich? Einsatz von lokalen Hämostyptika bei laufender Dual-Therapie Oft kann die Dualtherapie nicht verändert werden, dann sollen zur Blutstillung bereits beim Eingriff lokale Hämostyptika eingesetzt werden 5!
6 ! Einleitung Fallbeispiele akute Schmerzen mit Indikation für Extraktion Zahn 46 Anamnese: 1. Herr Müller, 72-jährig, rezidivierdende Thromboembolien, antikoaguliert mit Phenprocoumon (Marcoumar ) seit 5 Jahren 2. Herr Schlatter, 66-jährig, Implantation von 2 Koronar-Gefäss-Stents vor 7 Monaten, Einnahme von 100mg/d Acetylsalicylsäure (Aspirin Cardio 100) und 150mg/d Clopidrogel (Plavix ) 3. Frau Meier, 49-jährig, nimmt 20mg/d Rivaroxaban (Xarelto ) täglich bei St. nach einer tiefen Venenthrombose vor 5 Wochen Neue orale Antikoagulanzien Faktor Xa - Hemmer Rivaroxaban (Xarelto ) Apixaban (Eliquis ) Direkter Thrombinhemmer Dabigatran (Pradaxa ) Ø Thromboseprophylaxe nach orthopädischer Chirurgie Ø Spektrumserweiterung: Prophylaktisch bei Vorhofflimmern, therapeutisch Venenthrombosen Neue orale Antikoagulanzien Direkter Thrombinhemmer Dabigatran (Pradaxa ) Ø Hemmt spezifisch freies wie fibrin-gebundenes Thrombin Ø Orale Einnahme, fixe Dosen Ø Wirkung ca. 22 St., Halbwertszeit ca. 12 St. (14-17 St, bei älteren) Ø Kein Monitoring, INR nicht-aussagekräftig Ø Blutungsrisiken (intrakraniell, major) in RCT ähnlich wie bei Antikoagulation mit Warfarin mit INR Ø Kein Antidot Ø Wenig Medikamenteninteraktionen -> Vermeiden NSAR, Salicylate Ø Ernährung hat keinen Effekt auf Bioverfügbarkeit Neue orale Antikoagulanzien Faktor Xa - Hemmer Rivaroxaban (Xarelto ) Apixaban (Eliquis ) Ø Einwirkung auf gemeinsamer Endstrecke der Koagulation-> Inhibition der Thrombin-Bildung Ø Orale Einnahme, rasche Absorption, via Leber metabolisiert, % Bioverfügbarkeit Ø Wirkung ca St., Halbwertszeit ca. 5-9 St. (11-13 St, bei älteren) Ø Kein Monitoring, INR nicht-aussagekräftig Ø Kein Antidot Ø Interaktionen mit Medikamente die Wirkung via CytP450 haben (z.b. Macrolid-AB) + Vermeiden NSAR, Salicylate Ø Ernährung: einige wenige Interaktionen: Grapefruitsaft (CytP450) 6!
7 ! Neue orale Antikoagulanzien Handling in der Zahnmedizin (Extraktionen) Bis dato keine klinische Studien -> keine evidenz-basierten Daten Ähnlichkeiten mit niedermolekularem Heparin Oralchirurgische Eingriffe unter laufender OAK und Anwendung von lokalen Hämostyptika, ev. Absetzen bei grösseren (kieferchirurgischen) Eingriffen (min. 24 St. vor Eingriff) Hämostyptika Kollagene Kollagenfibrillen Kegel oder Fleece in verschiedenen Dimensionen Ø Förderung der Thrombozytenaggregation Ø Verstärkung des Koagulums Momentane Empfehlung: Extraktionen unter normaler Dosierung der neuen oralen Antikoagulazien durchführen und beim Eingriff lokale Hämostyptika einsetzen. Zellulose Quillt zu einer gallertartigen Masse bei Sättigung mit Blut Wird später resorbiert Nicht zur Tamponade geeignet! Bakterizid (in vitro) Hämostyptika Ø Förderung der Bildung des Koagulums Chitosan Elektropositive Oberflächenladung bindet elektronegative Erythrozyten Resorption in ca. 2 Tagen, CAVE kein Primärverschluss! Bakteriostatisch Hämostyptika Ø Rasche (1 Minute) Gerinnselbildung 7!
8 ! Fibrinkleber Tisseel : Klebeprotein-Lösung (Fibrinogen, Faktor XIII, Aprotinin) und Thrombin-Lösung Abdichtung von Gewebe, Sicherung von Nähten Ev. in Kombination mit Kollagenkegel/-vlies anwenden Tiefgekühlt lagern Hämostyptika Tranexamsäure Antifibrinolytikum Kompression mit getränktem Tupfer (10%-Lösung) 5%-Mundspüllösung: Brausetabletten 1000mg auflösen in 20ml H 2 O, 2x/Tag mit 10 ml spülen Ø Hemmt die Umwandlung von Plasminogen zu Plasmin (Fibrinspaltung) Hämostyptika NSAID Interaktionen - Analgesie Hemmen Thrombozytenaggregation Verdrängen die Cumarine aus der Proteinbindung, erhöhte Blutungsgefahr bis zu einer Woche Risiken GI-Blutungen/Ulzerationen Keine NSAID bei Patienten mit Antikoagulanzien oder. Möglichkeiten für Analgesie: Ø Paracetamol (+Codein), Metamizol, Tramadol Nebenwirkung der AB Störung der Darmflora mit den Vitamin K-produzierenden Bakterien -> Weniger Gerinnungsfaktoren Inhibition von Cytochrom P450 Isoenzymen -> Hemmung des Abbaus der OAK Interaktionen - Antibiotika Blutungsgefahr kann je nach AB bis verdoppelt werden Bei Möglichkeit auf AB-Gabe verzichten! Clindamycin gilt eher als low-risk Antibiotikum, aber es ist dennoch Vorsicht geboten 8!
9 ! Allgemeine Empfehlungen Zusammenfassung Zahnextraktion unter Antikoagulation Eingriff am Morgen einplanen Bei Vitamin-K-Antagonisten aktueller INR kennen Bei Bedarf Rücksprache mit dem Hausarzt halten Patient vor dem Eingriff gut über das Verhalten nach der Extraktion und bei Nachblutung informieren Zahnextraktion gut planen und schonend durchführen -> wenn immer möglich Aufklappung/Osteotomie vermeiden Granulationsgewebe gut entfernen Lokale Hämostyptika gezielt einsetzen Analgesie korrekt wählen Cumarine Aktueller INR kennen (Messung am Tag des Eingriffs) Bei Bedarf Rücksprache mit Hausarzt halten Kleinere oralchirurgische Eingriffe (Zahnextraktion) oder Parodontaltherapie bis zu einem INR 3.5 unter laufende OAK durchführen -> lokale Hämostyptika einsetzen Zusammenfassung Zusammenfassung Medikamente und Grund der Medikation kennen Bei Bedarf Rücksprache mit Hausarzt halten (Zeitdauer Dualtherapie) Einfache Medikation -> übliches Vorgehen Dual-Therapie -> lokale Hämostyptika einsetzen Neue orale Antikoagulanzien Zunahme der Patienten in zahnärztlicher Praxis erwartet Kein Monitoring Studien im zahnärztlichen Bereich betreffend Nachblutungsrisiko fehlen noch Momentane Empfehlung: ähnliches Vorgehen wie unter OAK -> lokale Hämostyptika anwenden 9!
10 ! Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? 10!
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